Donnerstag, 29. Januar 2015

Wie der Zinseszins beim Vermögensaufbau hilft

Wenn ich mich mit jüngeren Leuten über Altersvorsorge unterhalte, dann fallen mir zwei Sachverhalte ein. Zum einen finde ich gut, wenn sich Menschen im Alter von 30 Jahren oder jünger mit diesem wichtigen Thema befassen. Denn in diesem Alter hat man noch ganz andere Pläne und möchte eigentlich "die Welt erobern" und nicht an die Zeit jenseits der 60 oder gar 70 denken. Als zweites fällt es vielen schwer sich vorzustellen, was in vielen Jahren und einigen Jahrzehnten zu erreichen ist. Es gibt ein Sprichwort, welches lautet: "Die meisten Menschen überschätzen, was sie in einem Jahr erreichen können und unterschätzen, was sie in 10 Jahren erreichen können."

Und nicht nur das, die meisten Menschen sind ungeduldig, möchten viele Sachen sofort haben und es fällt ihnen sehr schwer heute auf etwas zu verzichten, um später dafür deutlich mehr zu bekommen. Das gilt in besonderem Maße auch für finanzielle Aspekte. Die Tatsache, dass sich so viele verschulden oder eben schnell Geld verdienen wollen, sprechen für sich.
Es fehlt einfach der Weitblick dafür, zu realisieren was erreichbar ist, wenn systematisch und beharrlich an einem Ziel gearbeitet wird. Dazu gehören die kleinen Bausteine, die man geduldig Stück für Stück zusammenfügen muss, um das langfristige finanzielle Gerüst aufzubauen.

Denn wir Menschen denken überwiegend linear oder versuchen den zuletzt sichtbaren Trend in die Zukunft zu extrapolieren. So wird auch mit zahlreichen Prognosen in vielfacher Hinsicht verfahren. Die Natur zeigt uns an verschiedenen Stellen jedoch exponentielles Wachstum und analog funktioniert das Prinzip des Zinseszins. Diesen Zinseszins-Effekt gibt es auch bei der Geldanlage. Man investiert Kapital und erhält dafür in regelmäßigen Abständen eine Verzinsung. Mit jeder neuen Verzinsung wird der vorherige Ertrag ebenfalls verzinst und je länger man diesen Effekt wirken lässt, desto sehr viel größerer wird der nachfolgende Ertrag.

Dazu passend eine ältere Geschichte, die sich in Persien abgespielt haben soll. Ein Reisender schenkte seinem König zum Zeitvertreib ein Schachspiel. Von der Langeweile befreit, wollte sich der König erkenntlich zeigen und fragte den Reisenden, wie er ihm danken könnte. Nach kurzem Nachdenken bat er den König das Schachbrett mit Reis aufzufüllen. Auf das erste Feld kommt ein Reiskorn, auf das zweite Feld zwei Reiskörner, auf das dritte Feld vier Reiskörner und so fort. Der König wirkte angesichts der scheinbaren Bescheidenheit erstaunt und stimmte unverzüglich zu.
Also fingen die Diener des Königs an den Wunsch des Reisenden zu erfüllen.
Ein Schachspiel hat bekanntlich 64 Felder und auf das 10-te Feld mussten 512 Körnern gefüllt werden. Bald stellten die Diener fest, dass ein Sack Reis gar nicht ausreicht, und ließen noch mehr Reissäcke aus dem Getreidespeicher holen. Beim 21-ten Feld waren es schon über eine Million Reiskörner und beim 64-ten Feld stellten sie fest, dass es im ganzen Reich des Königs nicht genug Reiskörner gab, um es aufzufüllen. Der Reisende wurde auf diese Weise zum reichsten Mann im ganzen Land, und der König bereute auf den Deal eingegangen zu sein.

Die Legende soll veranschaulichen, was passiert, wenn exponentielles Wachstum im Laufe der Zeit seine ganze Wirkung zeigt.

Kommen wir mit einem weiteren prominenten Beispiel - nämlich dem sogenannten "Josephspfennig" - zurück zum Geld: Was wäre passiert, wenn vor rund 2000 Jahren (also zur Zeit der vermuteten Geburt von Jesus Christus) 0,01 Euro (also ein Cent) zu 4 Prozent pro Jahr angelegt worden wäre?
Nach 100 Jahren wäre ein Gesamtbetrag von 0,51 Euro entstanden, nach 200 Jahren 25,51 Euro zusammengekommen. Ist bislang sicher noch nicht so aufregend. Allerdings wäre nach 500 Jahren bereits ein Vermögen von 3.286.015,82 Euro hervorgegangen.
Nach etwa 1.500 Jahren wäre der Gegenwert einer Erdkugel aus Gold entstanden.
Im Jahre 2.000 hätte diese Geldanlage den unvorstellbaren Wert von:
172.588.554.175.218.705.025.796.459.724.800,00 Euro.
In Worten: 172 Quintillion 588 Quadrilliarden 554 Quadrillionen 175 Trilliarden 218 Trillionen 705 Billiarden 25 Billionen 796 Milliarden 459 Millionen 724 Tausend 800 hundert Euro.
Oder anders ausgedrückt: viele Milliarden Erdkugeln aus Gold.

Natürlich hat niemand 2.000 Jahre Zeit, aber dieses Beispiel soll illustrieren wie die Geldmenge nach einer gewissen Zeit nahezu explodiert. Dass man mit der Kombination aus Zinseszins und Zeit langfristig Reichtum und nachhaltigen Wohlstand erreichen kann.

Kehren wir nach diesem zugegeben übertriebenen Ausflug in die Welt des exponentiellen Wachstums und des Zinseszinses zu realistischen Szenarien zurück. 

200 Euro monatlich mit unterschiedlichen Zinssätzen
investiert, ergeben nach wenigen Jahren noch keine großen
Unterschiede, aber nach 15 bis 20 Jahren bewirkt der
Zinseszins zunehmend extreme Differenzen
Nehmen wir an fünf Freunde sparen monatlich 200 Euro und legen dieses Geld zu verschiedenen Zinssätzen an. Person 1 ist sehr auf Sicherheit bedacht und möchte das Geld ausschließlich auf einem Tagesgeldkonto lassen. Dafür gibt es über viele Jahre hinweg 1 Prozent Zinsen. Person 5 möchte sehr renditestark anlegen und spart regelmäßig in Aktien und nutzt dafür einen globalen Aktien-ETF. Der globale Aktienmarkt hatte in sehr langen historischen Untersuchungen eine Rendite von 8 Prozent jährlich gebracht. Die anderen Freunde legen ihre regelmäßigen Ersparnisse für 2,5 Prozent, 4 Prozent und 6 Prozent an.

In den ersten Jahren gibt es noch keine großen Unterschiede beim Gesamtertrag. Nach 10 Jahren beträgt die Differenz zwischen dem Anleger mit 1 Prozent und dem mit 8 Prozent Verzinsung bereits über 12.000 Euro. Aber das ist erst der Anfang, denn nach 20 Jahren ist der Unterschied auf über 65.000 Euro und nach 30 Jahren auf über 209.000 Euro angewachsen. Nach 50 Jahren beträgt die Differenz fast 1,2 Million Euro!


Fazit
Geld, welches man für mehr als 10 Jahren nicht braucht, sollte zu einem großen Teil für 8 Prozent investiert werden (Aktienmarkt) und möglichst lange für sich arbeiten lassen.
Wer seinen (kleinen) Kindern etwas Gutes tun möchte, der richtet für sie einen Aktiensparplan ein und lässt den Zinseszins für sich arbeiten. Nach einigen Jahrzehnten wird daraus ein stattliches Vermögen entstanden sein.

Zum Weiterlesen:

8 Kommentare:

  1. hi interessanter artikel - kurze frage zum verständnis: machst du die annahme, dass ich die 200€ über die dauer von 50 jahren weiter investiere monatlich? (2400*50=120,000€ also spare)? danke

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    1. Genau, die Annahme ist hier jeden Monat 200 Euro zu sparen und investieren. Der Titel des Artikel hätte auch lauten können: "In 50 Jahren aus 200 Euro monatlich fast 1,5 Millionen Euro aufbauen".

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  2. in 50 jahren sind die meisten sparer tot.

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  3. Ein sehr guter Hinweis, der Zinseszinseffekt ist immer noch ein mächtiges Instrument. Die Abgeltungssteuer macht den Buy-and-Hold Ansatz eigentlich nur noch interessanter. Denn nur wenn wir nicht verkaufen kann der Zins richtig für uns arbeiten. Wenn wir viel hin und herspringen beschneiden wir immer wieder unser eigenes Kapital indem wir steuern zahlen. Wenn man Aktien aber über 20 oder 30 Jahre hält, macht die Stundung der Steuerbeträge eine ganze Menge aus,

    Der Tipp mit dem Sparplan für die Kinder ist übrigens Gold wert. Meine Eltern haben es so gemacht und ich werde es auch so machen. Man wird nicht von irgendwelchen Ausgaben überrascht und trotzdem kann ein ordentlicher Betrag zu Stande kommen

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  4. Hallo,
    das ist wahr - nur der Zinseszinseffekt bringt mir als Kleinanleger natürlich nicht so viel wenn der Zinssatz auf Tagsgeld z.B. bei etwa 1% p.a. liegt und monatlich gezahlt wird. Sobald größere Summen im Spiel sind geht es natürlich richtig zur Sache, genau wie bei höheren Zinssätzen.

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  5. Jetzt bekomme ich aber langsam das Gefühl, dass das Finanzsystem auch ein Ende hat... Bei so einem Wachstum und Schulden die es auf der Welt gibt...
    Dieser Artikel macht mir mehr Sorgen

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  6. Vorsicht ist eben sehr geboten wenn der Real Zins negativ ist. Denn dann arbeitet der Zinseszins gegen einen. Das passiert sehr schnell bei einem Tagesgeldkonto nach Abzug der Steuer und der Inflation

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  7. Wer viel verdient, kann auch viel für später sparen und kaufen. Wer wenig hat, kann nichts oder fast nichts sparen. Und dies trifft auf immer mehr Menschen zu. Und die super Geschäftsidee hat eben nicht jeder, es bleibt eher die Ausnahme da inzwischen die Märkte weitgehende gesättigt sind. In diesem Staat ist Hopfen und Malz verloren, dies wird sich angesichts aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen noch sehr deutlich zeigen....

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