Montag, 5. Januar 2015

Hohe Dividendenrendite oder hohes Dividendenwachstum?

In diesem Artikel konzentrieren wir uns vorwiegend auf Einzel-Aktien. Wer direkt mit Aktien passives Einkommen in Form von Dividendenzahlungen erhalten möchte, steht regelmäßig vor einer Frage. Auf der einen Seite stößt man auf - häufig prominente - Aktien, bei denen man des Gefühl hat, da brennt nicht viel an und mit diesen Titeln könne man alt werden. Die Dividendenrendite liegt hier oft zwischen 1,5 und knapp 3 Prozent mit häufig ordentlichem Dividendenwachstum. Auf der anderen Seite gibt es Titel, die bereits eine Dividendenrendite um 5 Prozent vorweisen. Da die Wachstumsaussichten derartiger Aktien begrenzt sind, findet nur noch ein geringer Anstieg der Dividendenerträge statt.

Beide Gruppen haben natürlich ihren Reiz und ich möchte hier einige Vor- und Nachteile beleuchten.

Beginnen wir als erstes mit einem typischen und prominenten Vorzeige-Aristokraten, nämlich Johnson&Johnson. Dieser Titel kann aktuell eine Dividendenrendite von 2,8 Prozent und ein ziemlich stetiges mittleres Dividendenwachstum von 7 bis 8 Prozent vorweisen.

Oder blicken wir auf Fresenius, der einzige lupenreine Dividenden-Aristokrat in Deutschland. Beim derzeitigen Kurswert beträgt die Dividendenrendite gerade einmal 1,2 Prozent. Auf der anderen Seite lag die Erhöhung der Dividenden in den letzten fünf Jahren lediglich einmal unter 10 Prozent.
Oft sind derartige Titel auch ziemlich teuer, was man unter anderem am KGV oder KCV sehen kann.

Wenn eine Aktie bereits ein gewisses Niveau der Dividendenrendite erreicht hat, dann wird das Dividendenwachstum immer flacher. Ein leichtes Abflachen ist natürlich zu erwarten, weil sonst der Ertragsanstieg exponentiell verlaufen würde. Jedoch geht die Abflachung darüberhinaus.

Als zwei Beispiele möchte ich die beiden Telekommunkationsunternehmen aus den USA AT&T und Verizon Communications nennen. Beides sind profitable Unternehmen mit Umsatz- und Gewinnwachstum in den letzten Jahren. Und die Dividendenrendite fällt mit fast 5 bzw. fast 6 Prozent ziemlich üppig aus. Nicht umsonst sind beide Konzerne in der Liste der Profitbalen Unternehmen bereits seit einiger Zeit ziemlich weit oben vertreten.

Allerdings betrug das Dividendenwachstum im Mittel der letzten fünf Jahre "nur" noch um 3 Prozent oder knapp darunter.
Ich kann mir gut vorstellen, dass einige Leser nun Assoziationen wie "Luxusproblem" oder "Klagen auf hohem Niveau" im Kopf haben. Allerdings sollte man sich in die Rolle eines Ruheständlers oder Privatiers versetzen, der in einem Land mit einer Inflationsrate von 3 Prozent lebt. Diese würde ihm den Effekt der jährlichen Dividendensteigerung negieren.

Nun zur Beispielrechung, es treten an:
  • Fresenius, 1,2 Prozent Dividendenrendite, 10 Prozent jährliches Dividendenwachstum
  • Johnson&Johnson: 2,8 Prozent Dividendenrendite, 6 Prozent jährliches Dividendenwachstum
  • AT&T: 5,5 Prozent Dividendenrendite, 2 Prozent jährliches Dividendenwachstum. 
Entwicklung des Yield on Cost über einen Zeitraum von 25
Jahren anhand von drei Beispielen beim idealisierten Fall
von konstantem Dividendenwachstum
Beim jährlichen Wachstum des Dividendenertrags bin ich bewusst bei allen drei Konzernen defensiver herangegangen und habe Werte zur Berechnung genommen, die unter dem jeweiligen mittleren Wachstum der letzten Jahre liegen.

Gebühren, Steuern und Währungsschwankungen lassen wir einmal unberücksichtigt und wir gehen von einem idealisierten Verlauf aus, dass bei einer Einmalzahlung von jeweils 10.000 Euro das jährliche Dividendenwachstum über viele Jahre konstant bleibt. Zudem kümmern wir uns nicht um Kursschwankungen, sondern konzentrieren uns auf den Yield on Cost (YOC).

In den ersten Jahren hat der Eigentümer der AT & T-Aktien die Vorteile klar auf seiner Seite. Nach 10 Jahren ist der Yield on Cost (YOC) auf 6,8 Prozent gestiegen und es wurden 6022 Euro an Dividenden ausgezahlt. Johnson&Johnson kommt auf einen YOC-Wert von 6,01 Prozent und 3691 Euro an Dividendenausschüttungen. Fresenius schafft einen YOC-Wert von 3,11 Prozent und 1912 Euro.

Klarer Fall, der Anleger mit der AT & T-Aktie hätte nach 10 Jahren das ertragreichste Investment im Depot gehabt.

Nach 18 Jahren würde der Inhaber der Johnson&Johnson-Aktien einen höheren Wert des YOC-Wertes erreichen als AT & T und erst nach 25 Jahren würde Fresenius diesbezüglich an AT&T vorbeiziehen. Aufgrund des Vorsprungs hätte der Eigentümer der AT&T-Aktie aber eine höhere Dividendenzahlung erhalten als die Inhaber der anderen beiden Aktien.

Erst nach 31 Jahren würde der Aktionär von Johnson&Johnson gegenüber AT&T mit einer gesamten Dividendenausschüttung von 33744 Euro in Vorteil geraten. Der Fresenius-Inhaber zieht erst nach 33 Jahren an AT&T und nach 34 Jahren an Johnson&Johnson vorbei. Jetzt macht sich der Effekt des Zinseszins immer stärker bemerkbar.

Fazit
Das ist natürlich nur eine idealisierte Rechnung. Die Erfahrung zeigt, dass bei Erreichen einer hohen Dividendenrendite (abhängig von der Kursentwicklung) die Kurve des Dividendenwachstums zunehmend abflacht. Natürlich bleibt auch unberücksichtigt, ob nicht doch einmal ein an sich solide wirtschaftendes Unternehmen im Zeitraum von Jahrzehnten in Schwierigkeiten geraten könnte und daraufhin seine Dividenzahlung kürzt oder gar streicht.

Der Inhaber einer Aktie mit einer hohen Dividendenrendite, aber nur langsamem Dividendenwachstum (hier als Beispiel AT&T) hat rund 15 Jahre lang oder noch länger den höheren Ertrag. Als Investor, der einen mittel- bis langfristigen Anlagehorizont hat, sollte meiner Meinung nach nicht ausschließlich auf die weit entfernte Zukunft blicken und daher nur auf Aktien mit niedriger Dividendenrendite, aber hohem Dividendenwachstum zurückgreifen. Dies wird teilweise auf englischsprachigen Blogs so empfohlen.
Denn auch hier gilt, die Mischung machts, denn mit Aktien, die eine höhere Dividendenrendite aufweisen, kassiert man bereits etliche Jahre eine Menge Ertrag, bevor das Wertpapier möglicherweise von anderen Aktien eingeholt wird.

Aber: Einzel-Aktien mit Dividendenrenditen von 10 Prozent und mehr würde ich unberücksichtigt lassen oder höchstens zu einem kleinen Betrag als Spielerei nutzen. Denn nach meiner Erfahrung liegt bei solchen Werten die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Dividende innerhalb weniger Jahre um mindestens die Hälfte reduziert oder komplett gestrichen wird, ziemlich hoch. Ich habe es nicht exakt nachgerechnet, aber mindestens bei 50 Prozent. Aktien mit sehr hoher Dividendenrendite würde ich nur in der Ummantelung eines ETFs kaufen, von denen auf der Seite der Ausschüttungsrendite von ETFs einige gelistet sind.

Und jetzt kommt noch eine Einschränkung. Wir haben bei dieser idealisierten Beispielrechnung lediglich auf den Ertrag geschaut. Es ist gar nicht so selten, dass Aktien von Unternehmen, die eine eher niedrige Dividende zahlen, dafür aber in Haussezeiten einen starken Kursanstieg vorweisen können. Eine Beobachtung, die uns auch im Artikel über den Performance-Vergleich von Dividenden-Fonds begegnet ist.

Ich denke, in unserem Muster-Depot der Dividenden-Aristokraten haben wir die Mischung bislang schon recht ordentlich durchgeführt. Aktien mit zu niedriger Dividendenrendite werden dort nicht aufgenommen.

Zum Weiterlesen:

4 Kommentare:

  1. Vielen Dank für den interessanten Artikel. Wie immer auf dieser Seite hohe Qualität. Aber meiner Meinung nach stimmt die Rechnuung nur für den Fall, dass ich die Dividende direkt entnehmen will und nicht neu investiere. Dies ist natürlich richtig, im Fall dass jemand von der Dividende leben möchte. Wenn ich aber einen Kapitalstock ausbauen will, fahre ich doch mit Aktien wie der Allianz (oer AT and T im Beispiel besser): Ich kriege im ersten Jahr ca. 5% Dividende. Damit kann ich auch meinen Aktienanteil um 5% jährlich erhöhen und wieder Dividende von 5% bekommen (angenommen Kursverlauf bleibt gleich). Ist dies berücksichtigt? Falls nicht, wäre es meiner Meinung nach wichtig.

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    1. In diesem Artikel wurde die ausgezahlte Dividenden nicht reinvestiert. Diese habe ich als Gesamt-Auszahlung bei den drei Beispielen aufsummiert.

      Ziemlich weit oben im Artikel ist die Aktie Johnson&Johnson verlinkt. Dahinter verbirgt sich ein Beispiel mit stetiger Reinvestition der Dividendenzahlung.

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  2. Entscheidend ist wohl der Unterschied, ob man Einkommen oder Kapitalwachstum haben möchte. Wer nur auf das Einkommen schaut, fährt wohl mit AT & T besser. Wenn man die Gesamtrendite incl. Kursen berücksichtigt, würde wohl JNJ die besser wahl sein. Aber weiß das schon vorher?

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  3. Ach Lars , immer wieder kommen Wir auf die Gretchenfrage oder auch Huhn oder Ei Frage. Vermutlich ist es am besten wenn auch hier ein Mix aus beiden genommen wird ( Zumal wie ja auch bereits geprüft , gute Unternehmen teilweise keine Dividende auszahlen , jedoch sehrwohl gute und hohe Gewinne erwirtschaften ) . Das Allllllllllerwichtigste jedoch ist , es muss eine Dividende ( auch die nicht ausschüttende ist eine ) auf die jeweils gehaltene Aktie gebucht werden . Also Dividendenwachstum egal ob ausgeschüttet oder nicht , muss überprüfbar sein . Sprich , der Buchwert muss sich ohne Kursanstieg erhöht haben . Leider ist dieses nicht so einfach prüfbar , daher ist deine bevorzugte Variante vermutlich ( Die der ausschüttenden / Wie hoch soll da eigentlich der Anteil der Ausschüttung sein ???? ) doch die bessere prüfbare Variante.
    Der Dividendenwachstum wird ja nur auf den einbehaltenen Teil der Dividende ( also der nicht ausgeschüttete Dividendenteil ) stattfinden können. Aber was immer gut ist , ist das lesen des Geschäftsberichts. Auch die Eigenkapitalrendite ist eine sehr wichtige Zahl , um zu sehen , wie UN mit EK umgeht.
    Aber immer wieder sehr schön hier . EIN FAN von DIR

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