Zum anderen traten zwischenzeitlich besonders hohe Verluste bei Aktien auf, die vermeintlich von der eigentlichen Ursache weniger betroffen sind. Ursache könnten einerseits Aktien-ETFs sein , die hauptsächlich Standard-Indizes abbilden und das Reduzieren von Risiko in Portfolio von professionellen Vermögensverwaltern.
Ein Beispiel ist die Apple-Aktie, die nicht nur in zahlreichen ETFs enthalten ist, sondern dort jeweils auch noch ein besonders großes Gewicht hat. Denn die meisten Standard-ETFs bilden große Aktien-Indizes wie Dow Jones, Nasdaq Composite, S&P 500, oder MSCI World 1:1 ab, wobei die Aktien darin in der Regel nach der Marktkapitalisierung gewichtet sind. Das heißt, je größer der Marktwert des Unternehmens, desto höher das Gewicht im zugrunde liegenden Index und Apple ist dort ein wahres Schwergewicht.
Einerseits bedeutet die hohe Gewichtung auch eine starke Abhängigkeit des gesamten Index von der Kursentwicklung dieser einen Aktie. Andererseits wird bei einer Verkaufswelle von Aktien-ETFs mit hohen Geldvolumina auch die Aktie selbst ungewöhnlich stark beeinflusst.
Und genau letzteres wurde am vergangenen Montag (24.08.2015) an einigen Stellen thematisiert. Daraufhin habe ich mir den Kursverlauf von Apple und dem S&P 500 angeschaut.
Die Aktie von Apple verlor beim Ausverkauf am letzten Montag etwas mehr als der S&P 500. Stieg jedoch anschließend deutlich stärker als S&P 500 und Nasdaq Composite - Quelle: Comdirect.de |
Der extreme Abverkauf erreichte seinen Höhepunkt zum Start des börslichen Handels am 24.08.2015 in den USA. Und hier ist zu sehen, dass der S&P 500 im Vergleich zum vorherigen Freitagshandel etwa 5 Prozent verlor, Apple hingegen rund 7 Prozent.
Noch interessanter ist folgender Umstand: In den Folgestunden nach dem Tiefpunkt stieg Apple mit rund 10,5 Prozent wesentlich stärker an als der S&P 500, der etwa 4,5 Prozent hinzugewinnen konnte. Der Nasdaq Composite stieg zur selben Zeit etwa 7 Prozent an, wobei auch dieser Wert deutlich unter dem rasanten Anstieg des Technologie-Riesen lag.
Die Frage ist, haben die Marktteilnehmer speziell Apple oder diverse Index-ETFs mit der entsprechenden hohen Gewichtung dieser Aktie zunächst verkauft und anschließend in noch stärkerem Maße wieder gekauft? Ich vermute eher ersteres, aber wir werden es an dieser Stelle nicht auflösen können und müssen es bei dieser Beobachtung belassen.
Verlaufen Verkaufswellen "sinnvoll" ab?
Eine weitere Frage tauchte auf, ob eine nachvollziehbare Bevorzugung von Sektoren beim Verkauf vorgenommen wurde. So hat zum Beispiel E.ON am Montag in der Spitze 9 Prozent verloren, obwohl dieser Konzern mit dem Land der vermeintlichen Ursache des Kursrutsches - nämlich China - geschäftlich wenig zu tun hat. BMW erzielt dagegen rund ein Fünftel seiner Umsätze in China, verlor in der Spitze am Montag aber "nur" knapp 7 Prozent.
Hier auf dem Blog haben wir häufig gesagt, dass Aktien eine langfristige Geldanlage sind, am besten für deutlich mehr als 10 Jahren und ein Anleger in dieser Zeit sein Geld nicht benötigen sollte. Daher ist für dieses Geld ein hoher Aktienanteil langfristig sogar vorteilhaft.
Klienten, die ihr Geld stattdessen einem Vermögensverwalter anvertrauen, haben jedoch häufig kürzere Zeithorizonte, bis sie das Geld wieder benötigen. Deshalb steht für professionelle Vermögensverwalter nicht die Rendite, sondern die Risikominimierung im Vordergrund. So wird bei kräftigen Kursbewegungen, also hoher Volatilität, mehr darauf geschaut alles schnell loszuwerden, was ein höheres Risiko bedeutet. Und E.ON (oder auch RWE) werden inzwischen möglicherweise wohl mehr als riskanteres statt als defensives Investments identifiziert.
Gut möglich, dass starke Verkaufswellen von automatisierten Handelsplattformen und Vermögensverwaltern vorwiegend nach Risikofaktoren ablaufen und andere Gründen in den Hintergrund treten.
Sind kurzzeitige Ineffizienzen verwerflich?
Während ich den Artikel schrieb ging mir die Frage durch den Kopf, ob kurzfristige Ineffizienzen eigentlich verwerflich sind? Im Kapitalmarkt werden Neuigkeiten heute besonders bei bekannten liquiden Titeln in Sekundenbruchteilen eingepreist, insofern ist schon eine große Effizienz des Marktes zu beobachten. Dennoch müssen zumindest über "weiche" Faktoren gewisse Ineffizienzen vorhanden sein, sonst gäbe es zum Beispiel überhaupt keine Möglichkeit ein unterbewertetes Unternehmen zu finden.
Wenn in Panik- oder Gierphasen kurzzeitig Schieflagen bei der "korrekten" Bepreisung eines Unternehmens auftreten, interessiert das doch eher Trader und Hochfrequenzhändler. Wer standardmäßig über seinen Broker Wertpapiere kauft oder verkauft, kann seine Order gar nicht so schnell in den Markt bringen wie vermeintliche Ineffizienzen bei prominenten Titeln zeitlich andauern.
Abgesehen vom Neidfaktor, dass nun irgendein anderer ein gutes Geschäft gemacht hat, interessieren solche Vorgänge längerfristige Investoren weniger. Das ist eher ein Rauschen der täglichen Nachrichten.
Am vergangenen Montag wurde mir zusätzlich noch einmal klar, wie wertlos Stop-Loss-Order bei solchen starken Schwankungen sind. Angenommen jemand hätte eine solche Order beim DAX etwas unter 10.000 Punkte gesetzt. Da ist zunächst einmal die Frage, wann die Stop-Loss-Order bei dieser hektischen Geschwindigkeit überhaupt ausgelöst worden wäre. Und zum anderen wäre jemand vielleicht bei 9.750 Punkten aus dem Markt befördert worden, um abends festzustellen, dass der DAX mittlerweile schon wieder über diesem Wert notiert.
Gibt es weitere Meinungen zum Thema Ineffizienzen im Aktienmarkt?
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