Freitag, 6. März 2015

Überlegungen zur Liquiditätsaufbewahrung - Artikelserie Teil 2: Investments

Einige Ersparnisse für diverse Notwendigkeiten, aber auch Gelegenheiten rasch verfügbar zu haben, hat etliche Vorteile. Im ersten Teil der Artikelserie hatten wir uns Gedanken über eine Geldreserve für Notfälle gemacht und in welcher Höhe dieses sinnvoll ist. Im nun folgenden zweiten Teil stellen wir Überlegungen an, wie man mit einem Liquiditätspolster für zukünftige Gelegenheiten für Investments umgeht. Benötigt man überhaupt eine Geldreserve für Wertpapierkäufe? Und falls ja, in welchen Fällen?

Liquidität für Investments
Jetzt verlassen wir die Notfallreserve und widmen uns der Liquiditätsaufbewahrung für weitere Investments. Einige werden an dieser Stelle fragen, warum überhaupt Reserven für den weiteren Kauf von Vermögenswerten notwendig sind? Denn warum nicht einmal monatlich (oder quartalsweise) eine bestimmte Höhe der Ersparnisse im Kapitalmarkt investieren und zwar unabhängig von der Marktlage? Beim passiven Investieren ist die Marktlage unwichtig, denn hier kauft man konsequent regelmäßig zu festen Zeitpunkten Aktien, Anleihen oder ETFs aus verschiedenen Anlageklassen. Das wäre gleichbedeutend damit immer "voll investiert" zu sein.

Eine üppige Geldreserve ist bei 
guten Investitionsmöglichkeiten
hilfreich
Die Frage ist durchaus berechtigt und wie so oft gibt es auch hier nicht nur eine richtige Lösung.
Natürlich gibt es Trader, die ebenfalls eine gute gefüllte Geldkasse haben müssen, um liquide am Markt teilnehmen zu können. Aber anders als Trader beabsichtigen wir hier zu längerfristig zu investieren und weniger Kursbewegungen mitzunehmen. Aber dennoch kann es nachvollziehbare Vorteile haben, auch für diesen Zweck eine gewisse Geldreserve vorzuhalten.

Wer regelmäßig frisches Kapital durch ein Erwerbseinkommen oder durch Reinvestitionen von Zinsen und Dividenden in den Markt bringen kann, sollte dies meiner Meinung nach auch weiter tun. Und zwar unabhängig davon, ob jetzt die Kurse sinken oder in den Medien von einem bevorstehendem Crash zu hören und lesen ist.

Der prominente Investor Warren Buffet ist bekannt dafür, sehr viel Liquidität für neue Investments bereitzuhalten. Große global agierende Konzerne haben ebenfalls jede Menge Geld für neue Akquisitionen oder Investitionen in Forschung und Technik verfügbar. Man denke nur an die großen Geldreserven der Konzerne wie Apple, Microsoft, Google, Facebook und andere.

Auch als Privatanleger gibt es gute Gründe von der Denkweise her ähnlich vorgehen. Von Verkäufen bei gestiegenen Kursen oder Aussetzen vom regelmäßigen Investieren nach einer Rally halte ich persönlich nicht so viel und mache dies selbst relativ selten. Dennoch finde ich das ok, wenn jemand in solchen Situationen Gewinne mitnimmt. Wer sich ziemlich sicher ist, dass bald ein markanter Kursrücksetzer kommt, könnte auf short-ETFs oder Put-Optionsscheine zurückgreifen.

Reserve für günstige Gelegenheiten
Allerdings bin ich selbst immer auf der Suche nach günstigen Gelegenheiten. Auf der Seite "Nutzen der Aktien-Kennzahlen in der Praxis" und "Aktien günstig erwerben" hatten wir Möglichkeiten kennengelernt, potenzielle Schnäppchen aufzuspüren.

Wie oft habe ich - im Nachhinein - Anleger sagen gehört, "Ach hätte ich doch im Frühjahr 2003 oder im Spätherbst 2008 mehr investiert". Oft spielte die damalige allgemein schlechte Nachrichtenlage eine Rolle, manchmal aber tatsächlich die nicht vorhandene Liquidität. Wer nach einem Crash oder Bärenmarkt ausreichend flüssig ist, trifft auf historisch günstige Investments.

Die Crux an der Sache ist, dass man in einem Abwärtstrend oft zu früh sein Pulver verschießt und dann ohne weiteres Kapital zusehen muss, wie es weiter nach unten geht. Aber selbst in einem Abwärtstrend gibt es eine Methode diszipliniert vorzugehen. Man investiert pro festgelegtem Zeitintervall zwei Tranchen oder aber bei jedem zweiten Mal eine weitere Tranche.
Mit dieser Art von Vorgehen diszipliniert man sich selbst in längeren Abwärtsphasen nicht zu früh zu viel Geld in den Markt zu bringen. Natürlich wird man sich bei in solchen Fällen bei relativ kurzen Kursrückgängen zu zaghaft vorgehen, aber das weiß man ja erst im Nachhinein. Andererseits hat man dann noch selbst nach einem Jahr Bärenmarkt ausreichend Liquidität zur Verfügung.

Jetzt gibt es noch weitere Varianten, wie zum Beispiel die zweite Tranche im Laufe des Abwärtstrends prozentual zu steigern. Dieses Prinzip würde ich aber nur bedingt einsetzen und nicht bei Einzel-Aktien. Denn man investiert mit jedem niedrigerem Kurs immer mehr Geld und wenn das Unternehmen hinter der Aktie in die Insolvenz gehen sollte, hat man letztendlich viel Geld verloren.

Auch bei ETFs aufpassen
Bei breit gestreuten ETFs, kann man dieses Methodik durchaus anwenden, allerdings sollte man das Volumen des ETFs im Blick behalten. Sollte dies zu weit zurückgehen, könnte der Emittent auf die Idee kommen, den ETF zu liquidieren. Auch dann hätte man erst einmal einen durchaus nicht unerheblichen Verlust realisiert. In einem früheren Artikel hatten wir über das kritische Volumen eines ETFs berichtet.

Selbst wenn das explizit keine Empfehlung ist, persönlich würde ich nach einem Crash oder Bärenmarkt sogar noch weiter gehen. Nach einem Rückgang der großen Aktien-Indizes um 50 Prozent würde ich sogar einen Kredit aufnehmen, um bei globalen Aktien-ETFs zu investieren. Bei breit gestreuten Aktien-ETFs sehe ich nach einem zünftigen Börsencrash erheblich mehr Chancen als Risiken. Bei Einzel-Aktien wäre die Angelegenheit natürlich schwieriger. Da würde ich mich vor allem im Umfeld der Dividenden-Aristokraten nach Schnäppchen umschauen oder bei den recht weit oben platzierten "Profitablen Unternehmen" mit genügend Reserven für schwierige Zeiten.

Höhe der Liquiditätsreserve für Investments
Jetzt fehlt noch die Angabe über die Höhe der Geldreserve für geplante Investments. Wie wir bereits im Laufe des Artikels mitbekommen haben, ist die Spannweite hier besonders groß. Denn wer wie eingangs beschrieben immer voll investiert ist und einfach - unabhängig von der Marktlage - monatlich oder quartalsweise investiert, dessen Reserve beträgt quasi 0 Prozent.
Bei dem Versuch eine vernünftige Obergrenze zu finden, würde ich keine absolute Zahl nennen, sondern prozentual vorgehen. Da man in einem Portfolio grundsätzlich daran interessiert ist, sein Geld für sich arbeiten zu lassen, kann ich mir mehr als 50 Prozent Liquidität für Investments gerade überhaupt nicht vorstellen. Und auch 50 Prozent ist selbst nach einem fortgeschrittenen Bullenmarkt für meinem Geschmack zu viel. Wie wir am aktuellen Beispiel sehen, könnte der Markt einem einfach mit deutlichen Gewinnen davonlaufen und man würde auf sein quasi unverzinstes Geld sitzen bleiben.

Persönlich sehe ich eine vernünftige Obergrenze bei 10 Prozent, wobei es möglicherweise auch Anleger gibt, die sich mit 15 bis 20 Prozent besser fühlen. Bislang hatte ich bei der Vorstellung der Asset Allocation Werte um 5 Prozent vorgeschlagen. Wenn man zusätzlich noch die Liquiditätsreserve aus dem ersten Teil der Artikel-Serie berücksichtigt, kommt man immerhin auf rund 10 Prozent als gesamte Geldreserve in einem Gesamt-Portfolio.

Das war der zweite Teil der kleinen Artikelserie "Überlegungen zur Liquiditätsaufbewahrung". Im dritten Teil besprechen wir warum die Trennung zwischen Notfälle und Investments sinnvoll ist und welche Möglichkeiten es zur Aufbewahrung der Geldreserve gibt?

Die Serie besteht aus folgenden drei Teilen:
Teil 1: Liquidität für Notfälle
Teil 2: Liquidität für Investments
Teil 3: Möglichkeiten zur Aufbewahrung einer Geldreserve

Zum Weiterlesen:

10 Kommentare:

  1. Huiuiui, bei der Bemerkung, nach einem Börsencrash doch einen Kredit zu nehmen zum Investieren, wird sicher einigen den Arsch auf Grundeis jagen (auch den Bankangestellten). Schonmal so etwas "live" gemacht, oder ist das nur so eine dieser schönen Ideen die uns allen zwangsläufig kommen wenn man sich hinterher die tolle Renditeentwicklung seit 2009 im Rückblick anschaut ?
    Wie gesagt, das kann funktionieren, man kann aber auch gehörig auf die Schnauze fliegen - naja, wie du schon in deinem Artikel über Fremdkapital angesprochen hast, für die "großen Player" im Finanzbusiness ist das sowieso gang und gäbe im Geschäft (wie weit man sich als Privatperson daran orientieren kann sei mal dahingestellt, wir kriegen z.B. keinen Bailout wenn wir uns mal verspekulieren), aber bevor man das grundlegend verteufelt muss man sich klarwerden dass viele Leute in der Bevölkerung sowas ähnliches machen. Nämlich alle die eine Immobilie finanziert kaufen um damit später durch Mieten/Weiterverkauf einen Gewinn zu machen, ist ein klassisches Kredithebelgeschäft.
    Auch ich handele Wertpapiere manchmal auf Margin in meinem aktiven Trading, allerdings doch eher im kleinen und kurzfristigen Rahmen (Bereich "Spielgeld" sozusagen). Für so "Mega-Chancen" wie dem Tiefpunkt nach einem Börsencrash würde ich den Leuten vielleicht doch eher sowas wie Zertifikate o.ä empfehlen: man hat immer noch die Renditechancen gehebelt, aber wenn man sich irrt ist wenigstens "nur" das eigene Geld weg und man hat nicht auch noch Schulden ?

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  2. Hallo,
    einen Kredit für Aktien oder auch für einen ETV kommt für mich grundsätzlich nicht infrage, da das der Finanziellen Freiheit mit einer
    neuen Verbindlichkeit bzw. Abhängikeit einer Bank gegenüber sich klar im wege steht! Sei die Gelegenheit auch noch so verlockend.

    Gruß
    vdb

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  3. Interessante Diskussion! Ich verfolge einen etwas anderen Ansatz: In der Vergangenheit habe ich immer eine "klassische" Liquiditätsreserve für Notfälle vorgehalten, jedoch nie benötigt - das Geld lag jahrzehntelang niedrigverzinst einfach nur rum. Die auf absehbare Zeit abgeschafften Zinsen machen das nicht besser, mein aktueller Ansatz daher: Alles rein ins Depot (passiv Buy & Hold) und in absoluten Notfällen wird das Depot beliehen (deutlich günstiger als Dispo) und mit laufemdem Einkommen schnellstmöglich wieder ausgeglichen. Gleiches plane ich für künftige globale Crashes um >= 50% - da wird dann der Wertpapierkredit genutzt um kräftig aufzustocken (natürlich mit hohem Puffer und in diversen Tranchen). Das ist natürlich riskant, aber sollte man sich historische Chancen entgehen lassen oder - falls es sie doch nicht mehr gibt - mit hohen Barmitteln ewig vergeblich darauf warten? In meinem Augen eine ideale Kombination aus passivem Investment und rationalem Market-Timing in Übertreibungsphasen.

    Zusammengefasst: Ich verzichte auf jegliche Liquidität und bestreite alle Ausgaben aus laufendem Einkommen, darüber hinaus wird das Depot beliehen. Lieber im Ernstfall übergangsweise (besicherte) Schulden als ein Leben lang keine Guthabenzinsen... Wie seht ihr das?

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  4. Schöner Austausch. Die eine Seite sagt, spekulieren auf Kredit niemals, andere würden sogar als Notfallreserve auf Pump zurückgreifen. Ich stelle mir gerade vor, wenn in einem Börsen-Crash der Wertpapierkredit gut ausgenutzt wird und dann gleichzeitig noch ein paar Tausender für irgendeinen Notfall benötigt werden... Aber es gibt ja noch einen dritten Teil der Artikelserie. :-)

    Gibt es noch weitere Meinungen zum Vorhalten von Geldreserven?

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  5. sehr interessanter Artikel. Ich bin sehr konservativ eingestellt, habe eine Liquiditätsreserve und halte auch immer etwas cash vor, um investieren zu können. Es gibt aber auch Zeiten, wo alles investiert ist und nur noch die Notfall-Liquiditätsreserve da ist. Das ist meistens zu dem Zeitpunkt, bei dem ich mit einem größeren Geldeingang rechne (z.B. Bonuszahlung vom Arbeitgeber oder Zins-/Dividendenzahlungen). Dann kann ich relativ schnell meinen cash für Investitionen wieder auffüllen.
    Apropos Goldreserve: Eine kleine Goldreserve halte ich auch vor, aber im Verhältnis zu meinen sonstigen Investitionen nur wenig. Denn wenn alles den Bach runtergehen sollte, wirkt sich das sicher auch auf den Goldpreis aus. Ich meine damit, dass bei einem Supercrash auch der Goldpreis in den Keller geht. Noch ein Hinweis für Leute, die Gold kaufen wollen: Gold muß man nicht über die Hausbank kaufen. Wenn man bei Degussa kauft, zahlt man keine Umsatzsteuer.

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    1. eine Umsatzsteuer für den Kauf oder Verkauf von Gold wird in Deutschland nicht erhoben.

      Gruß
      vdb

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    2. Ist falsch , gilt nur für Anlagegold . Für Industrie verarbeitung , gilt MwSt. .

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  6. Hallo Lars, sicher ist es ein mutiger Ansatz mit der Investition über Kredit in einem Tief.
    Im Einzelfall würde ich dies ebenfalls so handhaben, dies aber von einigen individuellen Faktoren abhängig machen. Wenn es solide Aktientitel zu einem günstigen Kurs zu kaufen gibt, dann sollte man zuschlagen. Natürlich dürfte man sich nicht überschulden, aber ohne Risiko keine Rendite. Komischerweise sind wir Deutschen eher bereit für ein Auto (was an Wert verliert) einen Kredit aufzunehmen als für Wertpapiere.

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