Die erste Reaktion in den Medien war beinahe euphorisch für die CDU/CSU, die alte und voraussichtlich neue Kanzlerin Angela Merkel wurde als die strahlende Siegerin angesehen. Auf den ersten Blick nachvollziehbar, denn mit 41,5% wurde eine absolute Mehrheit nur knapp verpasst.
Aber was ist eigentlich wirklich passiert?
1.) Die Mehrheit im Bundestag besteht nun aus Parteien, die dem linken Spektrum zuzuordnen sind. Das sind neben der SPD, den Grünen auch die Linke.
2.) Fast 10% aller Wähler sind mit ihrer Stimme in einer Sackgasse gelandet. Sowohl die FDP als auch die neue AfD haben die 5%-Hürde für den Einzug in den Bundestag nur vergleichsweise knapp verpasst. Wenn auch nur eine einzige dieser kleinen Parteien im Bundestag vertreten wäre, gäbe es keine rechnerische Mehrheit für die linken Parteien.
Das bedeutet, die CDU kann nicht alleine regieren und muss in irgendeiner Form mit einer "linken" Partei eine Koalition eingehen. In einer Koalition kann man nur zusammenarbeiten, wenn auf beiden Seiten Kompromisse eingegangen werden. Andernfalls würde eine Partei ihr Gesicht verlieren. Die Kompromisse werden umso schmerzhafter für die beteiligten Parteien sein, je unterschiedlicher ihr jeweiliges Parteiprogramm ist.
Eine andere Sache, die man nicht so ganz vergessen darf. Da CDU/CSU mit Bundeskanzlerin Merkel keine Mehrheit im Bundestag hat, wird sie gegenüber dem Koalitionspartner insgesamt ziemlich viele Zugeständnisse machen müssen. Denn wenn sie zu hart bleiben sollte, hätten die drei linken Parteien im Krisenfall gute Chancen sie mit einem Misstrauensantrag zu stürzen.
Seit einigen Tagen ging nun ein Aufschrei durch die Medien, weil von Wolfgang Schäuble die Äußerung kam, man könne Steuererhöhungen nicht ausschließen. In dem Artikel "Welche Steuerveränderungen versprechen Parteien nach der Bundestagswahl?" haben wir gesehen, dass die möglichen Steuererhöhungen für die meisten Menschen bei den geplanten Vorhaben aller genannten Parteien sehr überschaubar wären. Bis hin zum oberen Mittelfeld der Einkommen würde es - wenn überhaupt - zu einer eher marginalen Mehrbelastung kommen.
Allerdings für höhere Einkommen, ab etwa 100.000 Euro pro Jahr wird es wohl unter dem Strich eine Mehrbelastung geben.
Ob eine Reichensteuer eingeführt wird, würde ich bislang noch bezweifeln, da die SPD bislang nur darüber nachgedacht hat.
Die sogenannte Finanztransaktionssteuer wird wohl eingeführt, da selbst die CDU dafür votiert. Sie wird zwar nur einen geringen Betrag ausmachen und für langfristige Investoren, die vergleichsweise wenig handeln, nicht von großer Bedeutung sein. Für Viel-Trader, die möglicherweise sogar davon leben, wird dies schon eher ein Problem sein.
Als Kompromiss für Zugeständnisse in anderen Bereichen werden sich CDU/CSU aber wohl nicht lange gegen eine Erhöhung der Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge wehren. Statt 26% (ohne Kirchensteuer) werden wir wohl bei etwa 30% oder etwas darüber landen.
Wie früher bereits an anderen Stellen betont, halte ich die letzten beiden Punkte für falsche Anreize vom Staat gegenüber denjenigen, die sich eigenständig um ihre Altersvorsorge kümmern.
Denn Menschen, die ihre Geldanlage selbst in die Hand nehmen und damit - nicht erst im Ruhestand - die Sozialkassen weniger beanspruchen, würden demnach stärker besteuert als diejenigen, die sich nicht darum kümmern.
Ich denke, die Vorteile einer gepflegten Aktienkultur wird die große Mehrheit der Bundestagsabgeordneten wohl nie erreichen. Oder doch?
Denn es ist aus der Sicht einer Bundesregierung auch vorteilhafter, wenn die große Masse ihre Ersparnisse auf Spar- und Tagesgeldkonten, in Lebensversicherungen, Riester- und Rürup-Renten oder in Bundesanleihen steckt. Denn dort hat man mehr Kontrolle über die Gelder. In diesen Anlageklassen ließen sich zur Not relativ rasch Gesetze ändern oder im Krisenfall Teile des Anlagevermögens vereinnahmen.
Abgesehen davon merken etliche Menschen überhaupt nicht, dass aufgrund der finanziellen Repression diese Anlageklassen - für die meisten Menschen in kurzen Zeiträumen kaum spürbar - langsam, aber zielsicher an Wert verlieren.
Oder anders ausgedrückt, der Staat verringert mit Bundesanleihen auf Kosten der Käufer dieser Anleihen seine Schulden. Weil Inflation und Abgeltungsteuern deutlich höher sind als die derzeitige Verzinsung von Staatsanleihen.
Nach diesem kleinen Exkurs zurück zur Wahl. Es wird kein einfacher Gang für Kanzlerin Merkel und sie wird etliche Vorhaben und Versprechen aufweichen oder sogar aufgeben (müssen). Furchtbar große Veränderungen - auch aus finanzieller Sicht - für die meisten Menschen in Deutschland erwarte ich vorläufig nicht.
Sollte es zu einer großen Koalition zwischen CDU/CSU und SPD kommen - die so groß gar nicht mehr ist - werden zukünftig wohl die anderen kleineren Parteien gestärkt, die bei der zurückliegenden Wahl - bis auf die AfD - alle Federn lassen mussten.
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