Sonntag, 9. November 2014

Was bedeutet Deflation in der Eurozone für uns? Teil 4 - Welche Anlageklassen sind zu bevorzugen?

Im ersten Teil der Artikelserie "Was bedeutet Deflation in der Eurozone für uns?" hatten wir uns die aktuellen Symptome wie die zurückgehenden Preissteigerungsraten angeschaut. Im zweiten Teil blickten wir auf mögliche Gründe, warum die von vielen Marktteilnehmern erwartete Inflation bislang ausgeblieben ist. Im dritten Teil schauten wir uns mögliche Szenarien über ein Leben in der Eurozone in einem deflationären Umfeld an. Im vierten und letzten Part betrachten wir, welche Anlageklassen unter derartigen wirtschaftlichen Bedingungen wahrscheinlich besser performen werden.

In zahlreichen früheren Artikeln dieses Blogs hatten wir bereits hervorgehoben, dass Schulden für Privatanleger in den allermeisten Fällen zu vermeiden sind, wenn jemand finanziell erfolgreich sein will. Dieser Rat gilt unter allen Umständen in einer Phase der Deflation! Denn sowie der Wert von Bargeld (siehe weiter unten) zunimmt, nehmen auch die Schulden immer weiter zu. Damit droht viel leichter und schneller als in einem anderen wirtschaftlichen Umfeld die private Überschuldung.

Kommen wir aber nun zu den bekanntesten Anlageklassen.

Aktien
Bei niedrigen Teuerungsraten werden die Notenbanken auch die Leitzinsen niedrig lassen und wahrscheinlich auch eine Reihe sogenannter unkonventioneller Maßnahmen ergreifen. Dieses Umfeld ist generell günstig für den Aktienmarkt. Allerdings gilt es hier ziemlich differenziert vorzugehen. Denn gesucht sein werden Aktien von Unternehmen mit hoher Qualität und regelmäßiger Dividendenzahlung. In einem Niedrigzinsumfeld wird es auf Tagesgeldkonten und mit Banksparplänen praktisch keine Verzinsung mehr geben. Im Gegenteil dürfte bei größeren Geldbeträgen selbst für Privatanleger eine negative Verzinsung immer mehr Schule machen. Regelmäßige Erträge in Form von Dividendenzahlungen sind insofern attraktiv.

Die hinter den Qualitäts-Aktien stehenden Unternehmen haben - aufgrund der zurückhaltenden Investitionen in der letzten Zeit - in der Regel hohe Cashbestände. Apple wurde beispielsweise in der Vergangenheit dazu gedrängt, die hohen Liquiditätsreserven an Anleger auszuschütten. Jüngst kündigte auch Deutschlands größter Versicherer - die Allianz - an, die üppig vorhandenen Geldreserven stärker als bisher an Investoren auszuzahlen.

Weniger gut sollten Unternehmen mit hoher Verschuldung und geringer Profitabilität sein. Auch generell Wachstums-Aktien dürften sich schwer tun.

Anleihen
Wie in der letzten Newsletterausgabe bereits berichtet, sollte man nach der großen Mehrheit der Analysten die Finger von langlaufenden Staatsanleihen lassen. Schauen wir uns doch einmal den ETF iShares Markit IBOXX EUR Liquid Sovereigns Capped 10.5+ (DE) (ISIN: DE000A0H08C4) an (ist wegen der ordentlichen Ausschüttung auch bei ETF Rendite Premium mit dabei), der Staatsanleihen der Eurozone mit einer Laufzeit von mehr als zehn Jahren im Portfolio hat. Das Jahresplus beträgt zur Zeit 17,4 Prozent, hinzukommt eine quartalsweise Ausschüttungsrendite von über 3 Prozent p.a. Also das sind über 20 Prozent Rendite in nicht einmal einem Jahr!

Solange die Zinsen nicht steigen (siehe auch Teil 2 dieser Artikelserie), kann man durchaus auch auf europäische Staatsanleihen zurückgreifen. Geldwerte, zu denen Staatsanleihen gehören, gewinnen in einer Deflation an Wert.
Man muss ja nicht gerade eine Wette auf einzelne Länder eingehen, sondern lieber ein Bündel in einem ETF kaufen.

Eine Sonderform von Anleihe stellt der Pfandbrief dar. Im Artikel "Mit ETFs in verschiedene Anlageklassen investieren" hatte ich einen ETF mit deutschen Pfandbriefen genannt. Persönlich nutze ich Pfandbriefe als eine Art der Liquiditätsaufbewahrung mit einer Ausschüttungsrendite von 2 Prozent und mehr.

Immobilien
Viele Menschen nutzen das derzeit niedrige Zinsniveau für den Erwerb einer Immobilie. Zum einen ist die Finanzierung aktuell günstig und zum anderen suchen zahlreiche neue Hausbesitzer Schutz vor der Inflation. Bei Deflation verlieren Immobilien jedoch grundsätzlich an Wert. Ausnahme davon können Objekte in beliebten Ballungszentren bleiben, wenn tendenziell mehr - vor allem junge - Menschen in Städte ziehen. Diese Migration in eine begrenzte Auswahl von Städten hatten wir im dritten Teil dieser Artikelserie als durchaus wahrscheinlich eingeschätzt.
Man sollte sich neben der grundsätzlichen Kalkulation beim Erwerb einer Immobilie auch genau informieren, in welchem großräumigen Umfeld der Hauskauf beabsichtigt ist.

Bargeld
In einem deflationären Umfeld behält Bargeld seinen Wert oder wird sogar immer wertvoller. Daher macht es Sinn einen gewissen Anteil an Liquidität zu halten. 5 bis 10 Prozent ist meiner Meinung nach ein guter Richtwert für die privaten Geldreserven. Der Anteil des schnell verfügbaren Geldes für Notfälle und Investitionen liegt in meinem eigenen Portfolio beispielsweise derzeit bei 11 Prozent.

Gold
Gold wird von etlichen Marktteilnehmern als Inflationsschutz genannt. Doch diese Charakterisierung trifft den Sachverhalt nicht. Der Goldpreis steigt vor allem dann an, wenn Inflationsängste vorherrschen. Dies konnte man bis zum Jahr 2011 beobachten als der Wert vorübergehen sogar über 1.900 US-Dollar anstieg. Danach platzte die Goldblase jedoch ziemlich drastisch.
Persönlich sehe ich Gold in physischer Form als kleine Beimischung von maximal 5 Prozent im Depot. In einer Phase der Deflation wird der Goldpreis tendenziell seitwärts oder sogar eher abwärts tendieren. Daher ist ein deflationäres Umfeld kein Grund übermäßig viel Gold im Portfolio zu haben.

Das war der vierte und letzte Teil der Artikelserie "Was bedeutet Deflation in der Eurozone für uns?". In der Übersicht noch einmal alle Artikel der Serie.

Teil 1 - Was sind die Symptome der fehlenden Inflation?
Teil 2 - Was sind mögliche Gründe der Deflationsgefahr?
Teil 3 - Das Leben in einem deflationären Umfeld
Teil 4 - Welche Anlageklassen sollten Geldanleger in einer Deflation bevorzugen?

Wie wir gesehen haben, stehen uns mit deutlich erhöhter Wahrscheinlichkeit keine wirtschaftlichen Glanzzeiten bevor. Aber es muss längst nicht so negativ kommen, wie mancherorts zu hören und lesen ist. Wie in vielen anderen Bereichen des Lebens ergeben sich selbst hier auch gute Chance für Investments.

Zum Weiterlesen:

4 Kommentare:

  1. Das Aktien mit stetiger Dividendenausschüttung in Zeiten eines niedrigen Leitzinses grundsätzlich attraktiver sind als Sparbuch und Co. ist relativ einfach zu verstehen. Es stellt sich mir die Frage, wie sich Aktienkurse in einem deflationären Umfeld mit niedrigen Zinsen verhalten. Die größere Nachfrage an Wertpapieren mag die Kurse ansteigen lassen. Andererseits ist ein deflationäres Umfeld Anzeichen einer Wirtschaftskrise durch geringere Nachfrage und Preisverfall. Das heißt für mich längerfristig, dass die Umsätze der Unternehmen nicht mehr steigen, was sich längerfristig schlecht auf den Aktienkurs auswirkt. Bedeutet dies aber nicht auch, dass sich hier eine Blase bildet, die dann zu platzen droht? Schließlich steigern die Unternehmen nicht mehr ihre Gewinne. Die anhaltende Nachfrage an Aktien sorgt für einen höheren nicht gerechtfertigten Aktienkurs.
    Ist die Annahme berechtigt oder liege ich da falsch?

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    1. Generell wird es für Unternehmen schwieriger sein ihre Umsätze und Gewinne zu steigern. Daher auch der Hinweis verstärkt auf Unternehmen zu achten, die regional breit aufgestellt sind (auch außerhalb der Eurozone) und vor allem ein gutes Geschäftsmodell mit hoher Gewinnmarge und ein ausreichend hohes Liquiditätspolster vorweisen können.

      Selbst wenn der breite Markt eher abwärts gerichtet ist, werden diese Unternehmen dann wohl besser performen und Anleger erhalten zumindest einen ordentlichen regelmäßigen Ertrag.

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  2. Mich interessiert dein Hinweis Pfandbriefe als Liquiditätsaufbewahrung zu nutzen - Kaufst Du den vorgeschlagenen ETF oder investierst Du direkt in Pfandbriefe? Den vorgschlagenen ETF habe ich auch im Portfolio, vor allem aufgrund seiner geringen Schwankung zum Ausnutzen der Tagesgeldangebote, d.h. ich habe 7t€ in dem ETF um zwischen den Tagesgeldkonten zu wechseln, die für Depotwechsel noch bis zu 3% bieten.

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    1. Ja, ich benutze ETFs für Pfandbriefe. Neben dem genannten mit deutschen Pfandbriefen, gibt es auch einen in ETF in Euro mit Pfandbriefen aus aller Welt - iShares Euro Covered Bond UCITS ETF (ISIN DE000A0RFEE5) - der hier meines Wissens bislang noch nicht besprochen wurde.

      Aber ich würde lediglich einen Teil der Geldreserve in diese ETFs anlegen, mindestens die Hälfte sollte richtig "flüssig" vorhanden sein.

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