Dienstag, 15. September 2015

Flüchtlinge könnten mittelfristig einen Boom der deutschen Wirtschaft auslösen

Die Bilder der Flüchtlingsströme in den letzten Wochen waren bewegend, teilweise schockierend wie viele Menschen dabei ihr Leben verloren haben. Erschreckend finde ich in vielen Bereichen auch das Auftreten der Europäischen Union in dieser Ausnahmesituation. Diese scheint von der Grundidee einer "Union" offenbar noch meilenweit entfernt zu sein, wie unter anderem der vergebliche Versuch Quoten für die Verteilung von Flüchtlingen zu finden zeigt. Ohne irgendein Land besonders hervorzuheben, aber Grenzzäune mit Stacheldraht und Verkehrskontrollen an den Ländergrenzen sollten eigentlich bereits seit vielen Jahren historisch eingemottet gehören.
Deutschland gehört zu den Ländern, die mit am meisten Flüchtlinge aufgenommen haben. Die kurzfristigen Herausforderungen auch angesichts des nicht mehr fernen Winters sind enorm. Aber mittel- bis langfristig könnte Deutschland sogar profitieren.

Die Nachrichten über die Zustände im Wirkungsgebiet des IS, wozu auch Syrien gehört, lassen wenig Hoffnung aufkommen, dass der Flüchtlingsstrom nach Europa abreißt. In diesem Jahr sollen etwa eine 1 Millionen Menschen nach Deutschland gekommen sein. Ein weiterer Zustrom auf ähnlichem Niveau wie derzeit wird nicht zuletzt auch gesellschaftlich kaum zu verkraften sein. Aber vor allem auch politisch bedeutet dies für ganz Europa eine extreme Herausforderung wirklich gemeinsam eine Lösung zu finden. Mit Abschotten, Grenzen errichten und Nationalgedanken hat ein Land in einer globalisierten Welt keine Zukunft. Aber das ist ein politisches Thema.

Neben Problemen sieht die Wirtschaft auch Chancen
Die Wirtschaft sieht neben den zu lösenden Problemen hingegen auch die Chancen. Allen voran meldete sich der Vorstandsvorsitzende von Daimler Dieter Zetsche zu Wort. So heißt es in der FAZ:
"Natürlich sei nicht jeder Flüchtling ein brillanter Ingenieur, Mechaniker oder Unternehmer, so Zetsche. Aber wer sein komplettes Leben zurücklasse, sei hoch motiviert. „Genau solche Menschen suchen wir bei Mercedes und überall in unserem Land.“
Andere CEOs sehen das ähnlich und setzen sich für eine rasche Integration von Flüchtlingen, aber auch Einwanderern ein.

Mir persönlich fällt auf den Einkaufsstraßen in Berlin bereits seit einiger Zeit auf, dass etwa jede dritte bis vierte Filiale - egal ob Einzelhandel oder Handelskette - Personal sucht. Die Nachfrage reicht von Teilzeitkräften bis hin zu Filialleitern oder Abteilungsleitern. Offenbar bleiben etliche Stellen aus irgendwelchen Gründen längere Zeit unbesetzt. Und Berlin ist jetzt auch nicht gerade arm an Einwohnern, immerhin ziehen derzeit jährlich rund 40.000 Menschen in die Bundeshauptstadt, was auch am boomenden Immobilienmarkt zu merken ist.

Historisch gesehen boomte die Wirtschaft nach großen Zuwanderungen
Die oberen Chefetagen von großen Unternehmen sprechen teilweise sogar von einem baldigen Wirtschaftswunder in Deutschland. Offenbar ist die Auftragslage gut und nicht nur im Einzelhandel, sondern auch in den großen Betrieben werden händeringend Facharbeiter gesucht. Die Gefahr besteht bei längerer Andauer fehlender Fachkräfte, dass auch ein Konzern aus dem DAX oder MDAX den Hauptsitz irgendwann dorthin verlegt, an dem es ausreichend Arbeitskräfte gibt. In einer globalisierten Welt wird ein Groß-Unternehmen nicht vor mangelnden Arbeitskräften am ursprünglichen Standort kapitulieren.

Auch wenn diese Szenarien aktuell weit entfernt scheinen, historisch betrachtet haben gerade Einwanderungsbewegungen tatsächlich Wirtschaftsbooms in Deutschland ausgelöst. Man denke an über 10 Millionen Heimkehrer und Umsiedler aus Osteuropa in der Nachkriegszeit oder an ebenfalls mehr als 10 Millionen "Gastarbeiter" in den sechziger Jahren des zurückliegenden Jahrhunderts.

Allerdings wird der Weg dorthin nicht leicht. Etwas mehr als 10 Prozent der Flüchtlinge wären nach Schätzungen des Arbeitsministeriums relativ schnell einsetzbar, bei den anderen wird es mitunter deutlich länger dauern.


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8 Kommentare:

  1. Ich sehe deutlich mehr Risiken als Chancen bzgl. einer, wie derzeit ersichtlich, unkontrollierten Zuwanderung. Die kulturellen Unterschiede und der aus meiner Sicht nicht unproblematische und leider überwiegend konservativ ausgelegte Islam vieler Flüchtlinge stellt oftmals eine zusätzliche massive Hürde dar. Die Sozialsystem werden stark belastet werden. Auch darf man Stichworte wie Industrie 4.0 nicht vergessen. Dies wird aus meiner Sicht als Ingenieur und Volkswirt zu massiven Problemen auf dem Arbeitsmarkt insbesondere für einfach qualifizierte Kräfte führen.

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  2. Für die Wirtschaft ist es mittelfristig tatsächlich eine Chance, spannend wird eher die soziologische Frage ob eine Gesellschaft jährlich 1% ihrer Größe neu aufnehmen kann, zumal es sich doch um einen anderen Kulturkreis handelt. Problematisch ist sicher auch, dass in der Masse an Flüchtlingen potentielle Gefährder schwerer erkannt werden. Die Lösung der Thematik liegt im Ursprung, also in den Verbesserungen vor Ort, vor allem Frieden. Gerade die Syrienkrise haben den Menschen dort die USA und Russland eingebrockt...

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  3. Der vielzitierte Fachkräftemangel ist außer in einigen schlecht bezahlten Bereichen wie der Pflege und einigen Handwerksberufen nicht wirklich vorhanden. Viele Probleme diesbezüglich sind von den Arbeitgebern hausgemacht und genügend Potential in der deutschen Bevölkerung vorhanden. Eine Zuwanderung ist daher eher nicht hilfreich, eher besteht die Gefahr von Lohndumping in einigen Fachbereichen. Auch der sogenannte demografische Wandel muss genauer hinterfragt werden. Der Islam vieler Flüchtlinge bereitet mir wie weiter oben von einem Kommentator angeführt, auch Bauchweh. Zu recht.

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  4. Ich empfehle dir, mal die Artikel von Dr. Daniel Stelter zu dem Thema durchzulesen ( http://think-beyondtheobvious.com/kategorie/migration/ ) der das Thema angenehm sachlich und ökonomisch analysiert, und nicht in die verodneten optimisitschen "Wir schaffen das!"-Wunschdenken Klischees verfällt (ohne in gleichermaßen apokalyptische Weltuntergangsszenarien zu verfallen, sondern wo immer es geht Zahlen zu benutzen).

    Das "Grenzzäune der Vergangenheit angehören sollten" ist ein naiver Gedanke, der sich aus der "Wohlfühl"-Zeit vergangener Jahrzehnte entwickelt hat - als eben noch keine Millionen Flüchtlingsströme dieses Ideal mal auf eine reelle Probe gestellt haben. "Mit Abschotten, Grenzen errichten und Nationalgedanken hat ein Land in einer globalisierten Welt keine Zukunft." Mit grenzenloser Selbstaufgabe allerdings auch nicht, weil es dann aufhört als Land zu existieren. Im Gegenteil wird doch jetzt immer klarer, dass sich die Verheißung der "Globalisierung" immer mehr als globales "Jeder gegen Jeden" herausstellt (politisch, wirtschaftlich, finanziell, kulturell). Da ist Naivität tödlich, und es gibt im Lauf der Weltgeschichte keinen "Nettigkeits-Preis" dafür.
    Dein Erschrecken über die EU ist auch bezeichnend dafür. Ich bin viel rumgereist und habe auch viele Bekannte in diesen anderen Ländern, und bin überhaupt nicht überrascht, dass sich die EU, abseits aller schöner Sonntagsreden, wenns hart auf hart kommt als das rausstellt was es eigentlich ist, nur eine Geldverteilungsmaschine. Das mit den "Idealen" haben doch nur die geglaubt, denen's ohnehin schon gutgeht (erst kommt das fressen, dann die Moral, und gesättigte sind eben die besten Gutmenschen). Solange das Geld fließt sind alle happy, bzw übertüncht die Probleme, Konflikte und Sorgen die jetzt offen zu Tage treten. Und wenn Flüchtlinge wirklich so toll und profitabel wären, warum reißen sich denn die anderen Länder nicht um sie ? Warum erkennen sie denn nicht diese "große Chance", sind die alle zu dumm (oder zu rassistisch) dafür ? Und warum wollen alle Flüchtlinge überhaupt zu uns, und nicht z.B ins genauso friedliche Polen ? Könnte die Antwort gar (gott bewahre) etwas mit den großzügigeren Sozialleistungen hier zu tun haben ? Red mal mit Leuten aus den Nachbarländern darüber, die schütteln nur den Kopf über Deutschland (bzw. lachen drüber dass wir denen die lästigen Massen noch abnehmen). Da wird man auch keine Verteilungsquote durchsetzen, und wie soll man die zwingen ? Androhung von Geld-Entzug ? Lol am Ende werden wir sie im Gegenteil noch dafür bezahlen müssen (siehe Türkei).

    Achja, und wenn ein Arbeitgeber wie der Daimler-Chef von der "hohen Motivation" der Flüchtlinge redet, sollten doch bei jedem Arbeitnehmer die Alarmglocken schrillen. Wer noch nicht kapiert hat, das hier mit "Motivation" nur eins gemeint ist, Lohndrückerei, der sollte sich mal die Bestrebungen, den grade erst geschaffenen Mindestlohn wieder aufzuweichen ("für Flüchtlinge") näher anschauen.

    Deine Anekdote über Personalsuche in Berliner Einkaufsstraßen ist ja ganz nett, hat aber vielleicht auch einen ganz anderen Hintergrund, die suchen nicht "neues" Personal weil sie expandieren und alles so toll läuft, sondern da herrscht großer Personal-"Umschlag", weil das eben ein schlechter Job ist und deswegen regelmäßig viele Leute abspringen. Und die Einwanderer merken ja auch schnell, dass sie hier fürs Rumsitzen genausoviel Sozialleistungen bekommen, wie wenn sie Regale einräumen würden, da hat sichs dann auch mit der "Motivation".

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  5. Auch solltest du dich mal etwas kritischer mit der Wahrheit des "Fachkräftemangel"-Hintergrundes beschäftigen. Fachkräfte gibt es in Deutschland genug, nur haben die die unangenehme Eigenschaft darauf zu bestehen nicht wie ein Chinese bezahlt werden zu wollen. Solange die Löhne ordentlich gedrückt werden und Arbeitsverträge "flexibel" genug sind, investieren die Großunternehmen auch hier, so wie BMW & Porsche bei mir in Leipzig Werke hochgezogen haben und dafür auch schön subventioniert werden.

    Das die Wirtschaft NACH großen Zuwanderungen boomt, verwechselt doch Ursache und Wirkung. Erst boomt die Wirtschaft, und dann (bzw deswegen) ziehen die Menschen dorthin, nicht umgekehrt. Und die 10 Mio Deutsche aus den Ostgebieten mussten auch nicht erst langwierig kulturell "integriert" werden, die waren genauso gut ausgebildet und sofort einsatzfähig. Genauso wie auch die Gastarbeiter der sechziger Jahre absolut nicht zu vergleichen sind. Dort fand der Zuzug in kontrollierten Kontingenten statt, die Leute wurden ja von den Betrieben quasi "bestellt" (eben genausoviel wie grade gebraucht wurden, und nicht mehr) auf eine konkrete Arbeitsstelle, und man ging auch noch davon aus das man sie nach getaner Arbeit wieder heimschicken konnte (tja, soviel dazu). Das genaue Gegenteil der aktuellen unkontrollierten Masseneinwanderung, wo wir erst vor "vollendete Tatsachen" gestellt werden, und uns dann erst hinterher Gedanken machen dürfen, was wir mit all den Menschen nun überhaupt anfangen sollen.

    Für wirklich gut qualifizierte Ausländer gab es auch vorher schon allerhand Prozesse und Mittel, wie sie nach Deutschland kommen konnten. Ingenieure und Akademiker haben wir mit Kusshand und rotem Teppich gern genommen, habe auch einige Arbeitskollegen die mit direkter Anwerbung, "Blue Card" und ähnlichem problemlos legal hierher gekommen sind, achja und gerade die schütteln am meisten den Kopf wenn sie sehen wie wir hier versuchen das Sozialamt der Welt zu spielen, die kommen aus den Ländern und wissen am besten was wir uns da ins Haus holen.

    Einen "Wirtschaftsboom" werden die Flüchtlinge nämlich ganz sicher schon auslösen, nämlich in der Umverteilungs- und Sozialindustrie. Jeder Flüchtling kostet Geld, will ja gut versorgt sein (der Grund warum sie hierher kommen, und nicht nach Polen). Aber selbst das ist nur die eine Seite des Kostenfaktors, den nebendran steht noch ein ganzer Rattenschwanz von Betreuern, Versorgern, Lehrern, Verwaltern (und ja, Sicherheitsdienste... Wachstumsindustrie!), die ja auch bezahlt werden müssen. Und wer schultert die Rechnung für alles ? Na der Staat = Steuerzahler. Das ist Netto ein absolutes Minusgeschäft (und da sind noch nichtmal die langfristigen gesellschaftlichen Verwerfungen mit eingerechnet), da wird mehr Geld ausgegeben als jemals reinkommen wird - soviele Flüchtlinge können garnicht als hochbezahlte Daimler-Ingenieure arbeiten, damit sie (durch deren Sozialabgaben) die anderen Flüchtlinge quersubventionieren könnten. Wie du selbst zugibst sind nur ein absolut kleiner Teil der Leute "sofort einsetzbar". Den anderen muss Deutsch beigebracht werden, mal ganz abgesehen davon das viele davon auch noch garnicht lesen und schreiben können. Die dann erstmal auf ein Niveau zu bilden, wo sie für einen hochtechnologisierten Industriestandort relevant sein können, dauert viele Jahre, und das werden die meisten nicht schaffen (tun wir doch selbst bei vielen der einheimischen Bevölkerung nicht schaffen). So bleibt für die meisten, wenn überhaupt, nur "Unterschichten"-Jobs übrig, und da können sie sich mit der einheimischen Unterschicht drum streiten, oder gleich der ewige Sozialfall. Sieht man doch schon an der erhöhten Arbeitslosigkeit der nachfolgenden Generationen der Gastarbeiter (die wohlgemerkt ja alle Arbeit hatten, im Ggs zu den aktuellen Flüchtlingen), wohin die Reise geht.

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    1. Gut, warum die Entscheidungen darüber, ob jemand als Flüchtling anerkannt wird so lange dauert und wie er möglichst schnell eingegliedert wird, muss die Politik entscheiden. Da ist ja wohl auch schon etwas Bewegung hereingekommen.

      Die Frage, die ich aus deinen Kommentaren herauslese ist: Sind die Sozialabgaben zu hoch oder die Löhne zu niedrig? Zu den Löhnen kann man auch argumentieren: Der aktuelle Verdienst eines jeden entspricht dem Mehrwert, den er für andere Menschen schafft bzw. für den andere Menschen bereit sind zu zahlen. Bietet jemand seine Arbeitskraft an, für die es viele Alternativen gibt, wird derjenige wohl keine besonders hohe Bezahlung erreichen.

      Geschäftsinhabern oder Unternehmern vorzuhalten sie zahlen zu wenig für die Arbeit, ist aus der Sicht eines Investors schwierig. Ein Unternehmer möchte natürlich die Kosten so niedrig halten wie möglich und unter den gegebenen Voraussetzungen soviel Profit erzielen wie es geht.

      Ein Investor, der Geld in Aktien oder ETFs investiert, möchte dies auch. Über Kosten sparen und deshalb keine Fonds, sondern ETFs und wer bringt nun die meiste Rendite, usw. gibt es hier ellenlange Artikel und Kommentare. Ein Anleger ist nichts anderes als ein Unternehmer seines Portfolios. Diejenigen mit einem unterdurchschnittlichen Ergebnis ihres Depots haben offenbar als Unternehmer etwas nicht richtig gemacht.

      Daher ist es für mich keine Frage, dass ein Unternehmer Arbeitskräfte möglichst günstig bekommen möchte.
      Ich weiß nicht, ob Aktionäre damit zufrieden wären, wenn zur Hauptversammlung verkündet wird: Wir haben die Dividende jetzt erst einmal gestrichen, weil wir unseren Mitarbeitern eine saftige Gehaltserhöhung gegeben haben.

      Bei der Höhe der Sozialleistungen kann ich zum Beispiel nicht verstehen, warum gesunde Menschen teilweise über Jahre Unterstützung bekommen. Jeder kann seine Arbeit verlieren, keine Frage, aber der Anreiz sollte dahingehend verstärkt werden wieder ins Arbeitsleben einzutreten.

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    2. Welche "Bewegung" siehst du denn in der Flüchtlingspolitik ? Ich sehe da nur heilloses Durcheinander. Die Gutmenschen und Sozialromantiker wollen weiterhin alles und jeden aufnehmen und durchfüttern, und die anderen die noch einigermaßen auf die Einhaltung/Durchsetzung von Recht&Ordnung beharren müssen politisch korrekt rumdrucksen um ja nicht in die "böse Ecke" abgestempelt zu werden. Und während sich die da oben solches Kasperletheater und nur reaktives Flickwerk leisten steht in der Realität der Basis da draussen (Ämter, Polizei, Heime etc) das Wasser bis zum Hals, wenn nicht eh schon vollends kapituliert worden ist.

      Um Arbeitgeber und Löhne ging es mir eigentlich nur am Rande, weil der allgemeine Klassenkampf eine relativ andere grundlegende Debatte ist (also, das Problem hätten wir auch ohne Flüchtlinge). Natürlich will der Arbeitgeber sowenig Lohn wie möglich zahlen, bzw geht dahin wo die niedrigsten Löhne sind. "Globalisierung" eben ;-) Aber dass die Menschen mal anfangen zu kapieren, dass Globalisierung nicht nur heißt dass sie als Konsumenten das billigere Zeug aus China kaufen können, sondern auch als Arbeitnehmer in Konkurrenz zum ebenso billigeren chinesischen Lohnniveau stehen müssen (und wie das eine mit dem anderen zusammenhängt), dämmert erst langsam.
      Für den Investor ists natürlich toll, der kann seine Profite weltweit maximieren, aber für die Masse der Leute die eben keine Investoren sind, ist das nur eine Abwärtsspirale. Klar brauch uns das hier nicht sonderlich zu interessieren, das ist ja ein Finanzblog und kein marxistisches Magazin ^^ Wohin "Kapitalismus im Endstadium" hinführt sieht man doch immer wenn wieder eine Meldung kommt "Unternehmen XY entlässt tausende Mitarbeiter - Aktienkurs springt daraufhin in die Höhe". Klar kann man sich da leicht hinstellen und den gefeuerten Leuten sagen "tja, regt euch doch nicht so auf - hättet ihr doch mal lieber einfach die Aktien gekauft ?!" aber wo führt diese Logik hin ? Zur Illustration folgende Anekdote: Ein Fabrikbesitzer führt einen Gewerkschafter durch seine neue vollautomatisierte Produktionshalle und sagt stolz "Ha! Versuch mal, diese Roboter zum streiken zu bringen!", antwortet der Gewerkschafter "Alles klar, und versuch du mal das die Roboter dann deine Produkte kaufen.". Am Ende frisst sich die Schlange selbst. Wenn die Löhne soweit maximal gedrückt sind, wie es die Kapitalisten gerne hätten, kann sich die Masse der Menschen die Produkte der Kapitalisten auch garnicht mehr leisten, dann brechen deren Profite genauso (bzw viel stärker) ein als wenn sie vorher einfach ein bischen mehr "abgegeben" hätten um das ganze System länger am laufen zu halten.
      Und bezüglich Dividenden vs Mitarbeitergehältern, mal ehrlich, läufts in der Realität nicht öfters genau andersrum ? Auf der Betriebsversammlung wird den Leuten gesagt, dass es statt Lohnerhöhung eher "Rationalisierung" (und Massenentlassung) gibt, damit auch ja die Investoren zufriedengestellt werden können (und die Managerboni nicht vergessen).

      Und nur damit ich nicht falsch verstanden werde, dass ist nur eine Beschreibung des Systems, keine Bewertung. Meine eigene Schlussfolgerung aus dem, wie der Hase hier so läuft, ist ja auch nur mich möglichst auf die Seite der Gewinner zu schlagen und soviel Aktien aufzubauen dass ich mich nicht der Illusion hingeben muss hier geschehe noch irgendwas zum "Wohle der Gesellschaft". Aber wie gesagt, so fundamentale Systemanalyse ist ein ganz eigenes Thema, was eigene Artikel verdient hätte.

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  6. http://think-beyondtheobvious.com/stelters-lektuere/von-wegen-zweites-wirtschaftswunder/

    Und, ist der Wirtschaftsboom schon da ?

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