Mittwoch, 22. Januar 2014

Bitcoins und der Traum von der finanziellen Unabhängigkeit

Gastartikel von Robert Baumgartner
Die digitale Währung ‚Bitcoin‘ präsentiert sich durch ihre Unabhängigkeit von den Finanzmärkten und ihren rasanten Wertanstieg als ‚Heiliger Gral‘ unter den alternativen Investmentquellen. Aber was ist dran an Bitcoins? Können sie einen Weg zur finanziellen Freiheit bieten?

„Be your own bank“: Die Stärken von Bitcoin

Die digitale Währung Bitcoin ist im Laufe des letzten Jahres zunehmend auch im deutschsprachigen Raum ins Rampenlicht gerückt. Dies lag nicht zuletzt an der rasanten Wertsteigerung über das letzte halbe Jahr: Auf der größten Wechselplattform Mt. Gox wird eine ‚Bitcoin‘-Einheit (August 2013: ca. 70$) inzwischen für ca. 950$ gehandelt. Für die Fürsprecher von Bitcoin ist dieses Wachstum jedoch kein Anzeichen für eine Blase – sie sind davon überzeugt, dass Bitcoins in Zukunft nicht nur weiter an Wert zunehmen werden, sondern sich über kurz oder lang als global akzeptiertes Zahlungsmittel etablieren.

Sie begründen dies durch die zunehmende Attraktivität einer dezentralen und digitalen Währung in Zeiten globaler Wirtschaftskrisen: Da Bitcoins nicht von zentralisierten Finanzautoritäten ausgegeben und kontrolliert werden, sondern von spezialisierten Computern durch die Lösung von komplexen Algorithmen ‚freigelegt‘ und auf privaten Tauschbörsen gehandelt werden, sind sie frei von institutioneller Kontrolle. Kontosperren oder Ausfuhrauflagen, wie sie vor weniger als einem Jahr auch im krisengeschüttelten Zypern eingerichtet wurden, sind für Bitcoinnutzer kein Problem, ihr digitales Vermögen wird verschlüsselt in einem dezentralen Netzwerk gelagert.

Neben der Freiheit von der ‚Willkür‘ staatlicher Finanzinstitutionen, werben Befürworter von Bitcoins auch mit der deflationären Natur der digitalen Währung: Da es durch die Beschaffenheit der Algorithmen am Ende nur 21 Millionen Bitcoins geben wird, sollte jede Bitcoin-Einheit mit zunehmendem Wachstum der Währung ebenfalls wertvoller werden und frühen Einsteigern zu gewaltigen Gewinnen verhelfen. Kurz gesagt: Bitcoins inszenieren sich als alternatives Investitionsobjekt, dass sowohl lang- wie auch kurzfristige Gewinne abwirft und gleichzeitig Sicherheit vor staatlichen Kontrollmaßnahmen bietet – eine eierlegende Wollmilchsau.

Die Schwächen von Bitcoin

So die Theorie. Aber wie viele Versprechungen kann die digitale Währung auch tatsächlich halten – vor allem, wenn man sie aus der Perspektive finanzieller Freiheit betrachtet? Ein kritischer Blick auf Bitcoins legt einige Probleme der digitalen Währung offen:
·        Hohe Volatilität:
Die Wertentwicklung von Bitcoins ist keineswegs stabil, sondern hat sich in mehreren rasanten Booms (der erste im April 2013, der zweiten im Dezember 2013) und darauffolgenden Einbrüchen (im Dezember z.B. von 1200 US-Dollar auf 600 US-Dollar) entwickelt. Kurzfristig sind die Entwicklungen so kaum abzuschätzen. Aber auch langfristig lässt sich nicht voraussagen, ob der Aufwärtstrend der Währung anhalten wird.

·        Legaler Status/Fehlende Akkreditierung:  
Dies liegt auch besonders am unklaren legalen Status von Bitcoin. Die Währung kämpft um ihre Legitimität: Nicht nur ist sie durch die fehlende Kontrolle durch staatliche Instanzen für die Politik grundsätzlich suspekt, ihre intensive Nutzung für den Handel mit illegalen Gütern im Internet und die fehlende Akkreditierung der meisten Tauschbörsen sorgt für großes Misstrauen gegenüber der digitalen Währung, welches in Staaten wie China und Thailand schon zum Verbot von Bitcoins geführt hat.

·        Passives Einkommen? Fehlanzeige
Daneben lassen sich über Bitcoins kaum passive Einkommensströme erzielen: Durch die deflationäre Natur der Währung sollte das digitale Vermögen eines Nutzers zwar automatisch mit der Zeit wertvoller werden, tatsächliche Ausschüttungen gibt es durch das Fehlen von Zinsen jedoch nur, wenn man einen kleinen Teil seiner Bitcoins auf einer Tauschplattform in reale Währungen umtauscht. Dies fällt vielen Nutzern durch die Hoffnung auf eine weitere rasante Wertsteigerung von Bitcoins jedoch schwer – es kommt zu Hamsterverhalten, das die Verbreitung von Bitcoins nur noch zusätzlich hemmt. Daneben gibt es bisher auch kaum Möglichkeiten, mit Bitcoins in seriöse Projekte oder Anlageformen zu investieren; zahlreiche auf Bitcoinpartnerseiten angepriesene Investmentmöglichkeiten entpuppten sich als Betrug, bei dem die Täter durch das Fehlen von Identifikation und staatlichen Kontrollen ungestraft mit den Bitcoins ihrer Anleger in die Tiefen des Netzes verschwanden.

Fazit: Bitcoins als Glücksspiel
Nach einem ausgiebigen Blick auf Bitcoins kann man den Rat von Finanzexperten verstehen: Bitcoins sollten mit großer Vorsicht genossen werden. Große Gewinne mit der digitalen Währung sind zwar durchaus möglich, aber selbst im besten Fall bietet das unberechenbare Internetphänomen kaum Chancen auf einen regelmäßigen und stabilen Geldfluss, der die Grundlage für die verschiedenen Grade finanzieller Unabhängigkeit darstellt.


Robert Baumgartner ist Mitarbeiter beim unabhängigen Finanzmagazin Finanzwirtschafter. Dort verfolgt und analysiert er Potential und Risiken alternativer Anlageformen, insbesondere das von Bitcoin und anderen digitalen Währungen.

Zum Weiterlesen:

5 Kommentare:

  1. Gab es so etwas nicht schon mal mit Tulpenzwiebeln ???

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  2. Ja, das gab es: http://de.wikipedia.org/wiki/Tulpenmanie
    Ein Tulpenboom - und Crash, der die gesamte niederländische Wirtschaft der 1630er und 40er gelähmt hat. Zu Höchstzeiten hat man für eine Tulpenzwiebel 1000 Pfund Käse oder 8 (sehr teure) Ochsen geboten - umgerechnet genug, um ein ganzes Haus zu bauen.

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  3. Das Problem ist, dass die Internetwährung von heute auf morgen verschwindet. Deshalb wäre ich vorsichtig dabei.

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  4. Hier ein aktueller Artikel zu Bitcoins:
    http://www.faz.net/aktuell/finanzen/devisen-rohstoffe/internetwaehrung-der-lehman-moment-der-bitcoins-12820611.html

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  5. Es bleibt spannend. In ca. einem Jahr soll ja die Mining Vergütung halbiert werden.

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