Sonntag, 7. Juni 2015

Staatsanleihen und Aktien der Eurozone häufiger im Gleichschritt

Wenn es um die Diversifizierung eines Portfolios geht, wird zur Berechnungsgrundlage oder Anschauung in der Regel auf die beiden Anlageklassen Aktien und Anleihen (im Standardfall Staatsanleihen) zurückgegriffen. In der Historie bewegte sich die Wertentwicklung dieser Anlageklassen in vielen Fällen voneinander unabhängig und waren besonders dafür geeignet, in Anleger-Depots nur eine begrenzte Schwankung - auch als Volatilität bekannt - zuzulassen. In diesem Artikel möchte ich jeweils ein Beispiel aus beiden Anlageklassen gegenüberstellen und dabei die Korrelation untereinander untersuchen. Denn seit April 2015 fiel mir auf, dass sowohl Aktien als auch Staatsanleihen aus der Eurozone gleichzeitig im Korrekturmodus sind.

Folgende beide ETFs stehen stellvertretend für die Anlageklassen Staatsanleihen Europa und Aktien Europa.

Beide ETFs kosten eine jährliche Gebühr (TER) von 0,16 Prozent und sind ausschüttend. Während die Dividendenrendite des EuroStoxx 50 in den letzten Jahren meist zwischen 3,0 und 3,5 Prozent lag, zahlte der Anleihen-ETF Zinsen in Höhe von rund 3,0 Prozent und zuletzt von etwa 2,0 Prozent. Der Blick auf die Gesamt-Performance von Mitte Juli 2006 bis Anfang Juni 2015 - also fast 9 Jahre - zeigt folgendes Ergebnis:

Gesamtperformance (Kursveränderung inklusive Zinsen oder Dividenden)
Staatsanleihen Europa: +54,5 Prozent
Aktien Europa: +38,0 Prozent

An dieser Stelle geht es mir nicht darum, welche Anlageklasse besser war - das schwächere Abschneiden des EuroStoxx 50 speziell während und kurz nach der Finanzkrise hat seine besonderen Gründe - sondern vorwiegend um die voneinander unabhängige Wertentwicklung oder sogar negative Korrelation.

In der Chartgegenüberstellung zwischen Aktien und Anleihen (Kurs-Chart, also ohne Zinsen und Dividenden) habe ich unten einmal die Phasen mit einer gegenläufigen Entwicklung grün gekennzeichnet, die Zeiträume mit einem Kursverlauf in dieselbe Richtung mit rot markiert.
Der Aktien-Index (blau) und ein Staatsanleihen-Mix (schwarz) 
der Eurozone in den letzten knapp 9 Jahren seit Juli 2006.
Grün markiert die Phasen mit negativer Korrelation
und rot die Zeiträume mit einem Kursverlauf in dieselbe
Richtung. Quelle: comdirect.de

Rot bedeutet nicht in jedem Fall etwas Negatives, denn beide Anlageklassen können gleichzeitig an Wert gewinnen. In solchen Phasen gibt es zwar keine voneinander unabhängige Entwicklung, aber welcher Anleger ist nicht darüber erfreut, wenn sowohl der Anleihen-ETF als auch der Aktien-ETF im eigenen Depot im Kurs steigen. :-)

Im Vorfeld und während der Finanzkrise war im Wesentlichen das bekannte Verhalten zu sehen. Wenn Aktien anstiegen, gaben Anleihen nach und umgekehrt. Nach Ende des Aktien-Bärenmarktes im Frühling und Sommer 2009 verlief der Kursverlauf tendenziell im Gleichklang. Anschließend "normalisierte" sich das Bild, wobei jedoch die voneinander unabhängige Entwicklung nicht mehr so deutlich und langanhaltend ausgeprägt war. Seit Ende 2011 war nur noch selten eine negative Korrelation festzustellen, am ehesten noch in der zweiten Jahreshälfte 2014 als der Aktienmarkt mehrfach korrigierte.


Es kann natürlich Zufall sein, aber seitdem die Leitzinsen immer weiter gesenkt wurden, klare Aussagen zum Euro seitens des EZB-Präsidenten Mario Draghi kamen und nun auch eigene Staatsanleihen gekauft werden, ist das gewohnte Bild der häufig negativen Korrelation von Aktien und Staatsanleihen deutlich seltener zu sehen als in der Zeit davor.

Zum Weiterlesen:

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