Der Blog-Kollege Markos berichtete vor einigen Tagen in diesem Artikel über einen Vorschlag seitens der SPD, die Kapitalertragsteuer von derzeit 25% auf 45% anzuheben. Derartige Vorschläge flammen immer mal wieder auf, wie zum Beispiel kurz vor der Bundestagswahl, als Peer Steinbrück sich für die Erhöhung der Kapitalertragsteuer auf 32% stark machte. Was ist von solchen Vorschlägen zu halten und welches Niveau dürfte zukünftig die Steuer auf Kapitalerträge annehmen?
Die Diskussion über die "gerechte" Höhe der Steuern auf Kapitalerträge, zu denen Zinsen und Dividenden, aber auch Kursgewinne zählen, wird immer wieder geführt. Meistens ohne Ergebnis, denn die Meinungen klaffen oft auch sehr weit auseinander.
Die eine Seite möchte diese Abgabe an den Staat so niedrig wie möglich sehen, da die von den Unternehmen ausgeschütteten Dividenden aus deren Gewinnen stammen und bereits auf anderer Ebene besteuert wurden. Wenn eine Dividendenzahlung beim Anleger der Abgeltung unterliegt, ist dies bereits mindestens die zweite Besteuerung.
Auf der anderen Seite wird argumentiert, dass für Gelder aus aktiver Tätigkeit höhere Steuern anfallen als für Kapitalerträge, für die man als Anleger nichts mehr tun muss und damit passiver Natur sind.
Wie sieht es derzeit in Deutschland aus?
Im Jahr 2014 müssen ab Einkünften von 8.355 Euro 14% Einkommensteuer gezahlt werden. Mit höherem Einkommen steigt die Besteuerung auf bis zu 42% (ab 52.822 Euro für Unverheiratete) und erhöht sich nochmals auf 45%, sofern jemand über 250.731 Euro Einkommen erhält. In den meisten Fällen liegt die durchschnittliche Einkommensteuer unter 42%, da dieser Wert erst für jeden Euro gilt, der über den angegebenen Grenzwert hinaus geht. So liegt der Durchschnittssteuersatz zum Beispiel bei einem Single mit einem Brutto-Einkommen von 60.000 Euro im Jahr bei etwas über 28%.
Eine pauschale Anhebung der Kapitalertragsteuer würde somit über das eigentliche Ziel hinausschießen. Es gab allerdings in der Vergangenheit auch Stimmen, die Kapitalerträge etwa so wie das Arbeitseinkommen belasten wollen. Das würde die mögliche Erhöhung der Kapitalertragsteuer ein gutes Stück relativieren. So wie ich das Interview in der Frankfurter Rundschau verstanden habe, war dies auch die Forderung des SPD-Politikers Kühl.
Kapitalertragsteuer in anderen Ländern
Werfen wir einen Blick auf die Höhe der Kapitalertragsteuer in anderen Ländern. Leider ist dies nicht ganz so einfach zu erfassen, weil oft verschiedene Bedingungen und Verknüpfungen mit anderen Steuern bestehen. Es gibt einzelne Länder, die deutlich weniger Steuern auf Kapitalerträge erheben (vor allem einige baltischen Staaten sowie die Slowakei und Bulgarien mit 0 bis 10%), aber dann auch einige Ländern die Anlegern tiefer in die Tasche greifen, wie zum Beispiel Schweden (30%) und Frankreich.
Insgesamt befindet sich Deutschland zumindest mit im oberen Mittelfeld und im internationalen Vergleich gibt es eigentlich wenig Spielraum aus heutiger Sicht die Kapitalertragsteuer spürbar zu erhöhen. Erst recht bei dem durchaus freundlichen derzeitigen wirtschaftlichen Umfeld.
Die Veröffentlichung des Bundesfinanzministeriums u.a. über die internationale Besteuerung von Kapitalerträgen aus dem Jahr 2013 können Sie hier auf den Seiten 12 bis 15 nachlesen. Zu einem früheren Zeitpunkt hatten wir bereits das Thema Doppelbesteuerung bei ausländischen Dividendenzahlungen behandelt.
Veränderte Rahmenbedingungen durch demografischen Wandel
Allerdings sollten wir auch nicht die Augen vor der Zukunft verschließen. Der demografische Wandel wird sich in den nächsten zwei Jahrzehnten voll bemerkbar machen, da sich bis dahin das Verhältnis von Erwerbstätigen zu Ruheständlern drastisch geändert haben wird. Derzeit versorgen noch 100 Personen im arbeitsfähigen Alter per Umlagesystem etwa 33 Rentner. Im Jahr 2035 werden 100 Personen im arbeitsfähigen Alter dagegen rund 55 Rentner alimentieren müssen. Das bedeutet nichts anderes als entweder eine höhere Belastung der Erwerbstätigen, was sich wieder auf die Kaufkraft auswirken würde. Oder aber eine weiter zurückgehende Rentenzahlung an die Ruheständler. Möglicherweise sogar beides. Zusätzlich werden auch die Gesundheitskosten weiter steigen, aber das nur nebenbei angemerkt.
Da seitens der Politik keine durchgreifenden präventiven Maßnahmen für die unvermeidlichen sozialen Veränderungen zu erwarten sind, bleibt für die Menschen nur der Weg eigenverantwortlich massiv für ihre spätere Zukunft vorzusorgen. Andernfalls droht vielen Bürgern eine Altersarmut größeren Ausmaßes.
Sobald die drastisch veränderten Rahmenbedingungen unbestreitbar im alltäglichen Leben zu merken sind, wird die Politik sich alle möglichen Steuern und Abgaben einfallen lassen, um zu versuchen kurzfristig die Probleme zu lindern. Die Kapitalertragsteuer wird ebenfalls dazugehören. Denn zum einen betrifft es nur einen vergleichsweise kleinen Kreis des Wahlvolkes (Politiker denken vor allem an die nächste Wahl). Zum anderen wird diese Demografie-Problematik auch andere Länder in Europa betreffen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls die Abgaben auf Kapitalerträge erhöhen werden.
Fazit
Kurzfristig auf Sicht von wenigen Jahren erwarte ich noch keine signifikanten steuerlichen Änderungen für Erträge aus Kapitalvermögen. Dazu fehlt zum einen im Koalitionsvertrag eine Absichtserklärung, zum anderen ist die derzeitige große Koalition auch zu sehr mit Themen wie die Einführung der Rente mit 63 und des Mindestlohns beschäftigt.
Im Laufe der nächsten 5 bis 10 Jahre sollte man sich als langfristiger Anleger in dem eben beschriebenen verändernden Umfeld auf eine schrittweise Erhöhung der Kapitalertragsteuer einstellen. In zwei Jahrzehnten könnten wir wohl einen Wert irgendwo zwischen 35% und knapp unter 50% erwarten. Daher sollte man die Kalkulation der Zins- und Dividendenzahlungen zur Überbrückung der Rentenlücke, für den vorzeitigen Ruhestand oder für die finanzielle Unabhängigkeit nicht zu knapp angehen.
Um nicht missverstanden zu werden. Dieser Artikel soll kein Argument dafür sein nicht auf passive Einkommensströme in Form von Zinsen und Dividenden zu bauen - im Gegenteil! Aber eine längerfristige Beschneidung der Netto-Erträge sollte meiner Meinung nach unbedingt in die Gesamtkalkulation mit einfließen.
Zum Weiterlesen:
Hallo Lars,
AntwortenLöschenIch bin der Meinung das die Besteuerung von Arbeit dem des Kapitals angeglichen werden sollte. Die Menschen hätten dann mehr Geld um zu konsumieren oder in ihre Altersvorsorge zu stecken. Bei beidem würde der Staat durch Steuern verdienen. Mit Steuererhöhungen treibt er die Menschen nur zu mehr Sparsamkeit.
Zudem möchte ich gern wissen warum einfach pauschal die Steuer erhöht werden soll? Welche Gegenleistung bekommt man denn dafür? Deutliche Erhöhung des Freibetrages? Akzeptanz das Aktienvermögen auch für eine Altersvorsorgung ist? Nein sicher bekommt man gar nichts dafür.
Dies ist mit ein Grund, dass ich mich seit Jahren "mobil" aufstelle. Mein Business steckt im Notebook, Internet und Unternehmen. Arbeiten kann ich somit von jedem Ort der Welt. Und bis in die Schweiz ist es ja auch nicht so weit.
Lieben Gruß
Alex
Solche Artikel bringen meinen Bauch immer zum "durchdrehen". Nicht der Artikel selbst, sondern die möglichen Steuererhöhungen.
AntwortenLöschenAuf der einen Seite wird die Rente immer weniger, auf der anderen Seite wird aber die "Zusatzrente" evtl. höher besteuert.
Egal welchen Weg ich bevorzuge, ich bin immer der Ar... :-(
Da es aber keine Alternative zu Aktien und Dividenden gibt (langfristig die beste Renditemöglichkeit), ist es für mich am gescheitesten gar nicht drüber nach zu denken!
Es kommt wie es kommt - und solange ich nicht in ein "günstigeres" Land auswandern kann, muss ich mich damit abfinden.
Die einzigste Chance welche ich habe ist so viel Kapital und Erträge wie nur möglich zu generieren!
Also schaue ich nur darauf und kümmere mich nicht um die Rahmenbedingungen.
Dafür habe ich kein Bauweh mehr - und ändern kann ich so oder so nichts!
Beste Grüße
D-S
Wenn man ein Aktien- oder ETF-Depot zur Aufstockung der Altersrente anlegt, sollte man sich im Hinblicka auf eine eventuell zunkünftig geänderte Dividendenbesteuerung nicht übertrieben Sorgen machen, d.h. man sollte nicht deshalb von einer Aktieninvestition zurückschrecken nur weil die Kapitalertragsteuer eventuell erhöht werden könnte.
AntwortenLöschenEine Alternative zur Besteuerung im Inland wäre ja auch, dass man sich zusammen mit dem Depot in ein steuerlich günstigeres Ausland absetzt. Bei Investitionen in Immobilien ist dies schon deutlich schwieriger.
Vielen Dank für die Kommentare.
AntwortenLöschenIch hatte es am Ende des Artikels zwar geschrieben, aber vielleicht ist eine Wiederholung nützlich: Höhere Steuern auf Kapitalerträge sollten einen nicht davon abhalten, Aktien als ein Standbein für die Altersvorsorge mit zu benutzen!
An manchen Stellen lese ich von ziemlich knapp kalkulierten Plänen frühzeitig aus dem Arbeitsleben auszusteigen. Dafür sollte man sich meiner Meinung nach einen gewissen Puffer vorhalten.
Gründe, warum die Steuern auf Kapitalerträge steigen finden Politiker schon genug. Die Bremse wird m.E. nach das internationale Umfeld sein.
Nur mal zum Verständnis:
AntwortenLöschenEine Erhöhung der Abgeltungssteuer ist doch nur relevant für jemanden, welcher bereits Einkommen bezieht und einen Grenzsteuersatz von mindestens 25% hat.
Ein Privatier, welcher ausschließlich von seinen Kapitalerträgen lebt, kann aber immer eine Günstigerprüfung beim Finanzamt durchführen lassen.
Laut Steuertabelle liegt der durchschnittliche Steuersatz erst bei einem Einkommen von ca 45000Euro (Single) beim aktuellen Abgeltungssteuersatz von 25%.
Für den Privatier würde sich eine Erhöhung der Abgeltungssteuer erst dann auswirken, wenn er mindestens 45000Euro aus seinen Kapitalerträgen bezieht. Das ist ja schon ziemlich sportlich :-) Wahrscheinlich besteht sogar noch die Möglichkeit sich Vorsorgeaufwendungen anrechnen zu lassen.
Aus diesem Grund sehe ich die Diskussionen um eine mögliche Erhöhung der Abgeltungssteuer eher gelassen.
Gruss,
Thomas
@Thomas,
AntwortenLöschensehr richtig bemerkt, entscheidend
ist letztendlich der persönliche Steuersatz.
Dennoch wäre eine deutlich höherer Freibetrag sinnvoll.
Leider traut der Staat seinen Bürgern kein eigenes Verantwortungsgefühlt zu und fördert lieber Riester, Rürup und Co. Diese Produkte führen am Ziel vorbei, und sind wohl eher ein Konjunkturprogramm für die Banken. Am Ende führen sie
beim Sparer zu einer herben Enttäuschung. Wenn er es merkt ist dann leider zu Spät. Es droht Altersarmut trotz privater Vorsorge! Freibetrag in Frankreich 20.000€ und nach 8 Jahren komplett Steuerfrei, in England immerhin 6.800€. Unter solchen Bedingungen kann ein echtes Zusatzeinkommen fürs
Alter auch für Ottonormalnanleger wirklich gelingen.
Gruß Andreas