Im vierten und letzten Teil betrachten wir Möglichkeiten, im Vorfeld Vorkehrungen für schlechte Börsenzeiten zu treffen.
Bevor wir dazu kommen, noch ein "automatisiertes" Vorgehen, um die im zweiten Teil gemachten Vorschläge möglichst auch umzusetzen.
Rebalancing "automatisiert" den Prozess
Es gibt einen guten Weg zu vermeiden in einem Bärenmarkt jeden Tag wie das Kaninchen vor der Schlange, in diesem Fall vor den Aktien-Charts, zu sitzen. Im Artikel "Strategische oder taktische Asset Allocation" haben wir uns praktische Wege zur Umsetzung des Rebalancing angeschaut. Hier korrigiert man sein Depot einfach anhand der Tatsachen, die passiert sind. Bei konsequenter Umsetzung kauft man auf diese Weise automatisch in der Anlageklasse hinzu, in der zuletzt der Kurs deutlich gefallen ist.
Bei einer einmal gewünschten Festlegung der Gewichtung von Anlageklassen, stellt man durch regelmäßiges Rebalancing die ursprüngliche Verteilung wieder her. Das geschieht im günstigen Fall in jeder Marktlage völlig emotionslos. |
Während der Finanzkrise hatten wir den Sonderfall, dass im Herbst 2008 vorübergehend fast sämtliche Anlageklassen an Wert verloren. Etliche Berichterstatter stellten daraufhin die Diversifikation sogar gänzlich in Frage. Wobei ich der Meinung bin, dass ein Portfolio nicht deshalb mit verschiedenen Asset-Klassen gehalten wird, um es tagtäglich ohne jeglichen Verlust vollständig liquidieren zu können. Denn nur wenige Wochen später war wieder ein Effekt der Diversifikation zu merken.
Im Produkt Asset Allocation Profit habe ich Berechnungen anhand der konkret aufgetretenen Kursverluste während der Finanzkrise 2008/2009 in verschiedenen Anlageklassen durchgeführt und zusammengefasst zu welchen maximalen Gesamtverlusten diese im Depot geführt hätten.
Die Entscheidung wie die Verteilung von welchen Anlageklassen im eigenen Depot aussehen soll, muss letztendlich jeder selbst treffen. Einen Vorschlag von mir gibt es im Artikel "Verteilung von Anlageklassen" und einen weiteren im Artikel über den Norwegischen Staatsfonds.
Investments behalten wegen Erträgen
Eine sehr häufig gestellte Frage ist: Warum nicht einfach nach Ende einer langen Hausse komplett aus dem Aktienmarkt aussteigen und wenn es wieder hoch geht, steigt man mit dem vielen Geld günstig wieder ein?"
Diese Frage haben wir in den ersten beiden Artikeln beantwortet. Man kann im Vorfeld kaum hinreichend genau sagen, wie weit es noch heruntergeht. Im schlimmsten Fall steigt man mit Verlust aus Aktien aus und der Markt läuft ohne einen wieder nach oben.
Wie wir auch gesehen habe, werden die Dividendenzahlungen vergleichsweise wenig gekürzt - in einem global aufgestellten Depot etwa 10 bis 20 Prozent. Und auf diese schönen passiven Einkünfte möchte ich gerade in einem Bärenmarkt nicht verzichten.
Short-ETFs und Put-Optionsscheine
Wer gut investiert ist und nach einer Hausse Angst vor Kursrückgängen hat, aber dennoch nicht auf die Dividendenzahlungen verzichten möchte, kann auf Instrumente zurückgreifen, die in fallenden Märkten an Wert gewinnen. Das soll keine Zockerei sein - wie auch von der Bundesregierung in der Finanzkrise so betitelt wurde, mit der Forderung derartige Instrumente, die bei fallenden Kursen einen Gewinn erzielen, zu verbieten - sondern eine Form der Versicherung. Bei einer Versicherung - jeglicher Art - zahlt man generell einen Preis, um dann eine Entschädigung zu erhalten, wenn der Schadensfall einmal eintreten sollte. So auch beim Aktienmarkt. Instrumente, die bei fallenden Kurse Gewinne erzeugen kosten für den "Versicherungsnehmer" im Fall steigender Kurse Geld. Bringen bei fallen Kursen - wenn Aktien an Wert verlieren - für Anleger den gewünschten "Versicherungsschutz".
Darüber hatten wir bereits in dem früheren Artikel "Put-Optionsscheine oder short-ETFs als Absicherung?" gesprochen. Unter dem Artikel befinden sich auch einige Erfahrungsberichte, die Leser als Kommentar hinterlassen haben.
Mehrere finanzielle Standbeine aufbauen
Eine generelle Empfehlung von mir ist zu versuchen mehrere finanzielle Standbeine aufzubauen. Denn unabhängig von der Entwicklung der Wertpapiere im eigenen Depot, können noch andere Schwierigkeiten auftauchen. Ein Bärenmarkt findet fast immer in einem negativen wirtschaftlichen Umfeld statt. Und da kann es passieren, dass man als Selbständiger plötzlich deutlich weniger Aufträge erhält. Oder selbst bei Angestellten kann das Umfeld dazu führen, dass Gehälter gekürzt werden oder sogar der eigene Arbeitsplatz gefährdet ist. Beides ist während der Finanzkrise in nicht unerheblichem Ausmaß aufgetreten.
Das war der vierte und letzte Teil der Artikelserie "Wie verhalte ich mich als Anleger in Krisenzeiten?" Hier alle Teile der Artikelserie in der Übersicht.
Teil 1 - Wie verhalte ich mich als Anleger in Krisenzeiten?
Teil 2 - Wie verhalte ich mich als Anleger in Krisenzeiten?
Teil 3 - Wie verhalte ich mich als Anleger in Krisenzeiten?
Teil 4 - Wie verhalte ich mich als Anleger in Krisenzeiten?
Teil 5 - Was taugen Anleihen und Gold in Krisenzeiten?
Teil 5 - Was taugen Anleihen und Gold in Krisenzeiten?
Hat noch wer weitere Vorschläge, wie man sich im Vorfeld auf eine negative Börsenzeit vorbereiten kann?
Zum Weiterlesen:
- Gold und Silber als Geldanlage - Was sind die Vor- und Nachteile?
- Nicht nur sparen, sondern nach weiteren Einnahmen suchen!
- Werden die Märkte systematisch manipuliert?
- Regelmäßiger Ertrag, wie langweilig!?
- Was sind Vermögenswerte?
das rebalancing wird oft angesprochen - gibt es bei der DAB oder ComDirect Möglichkeiten, wie das möglichst automatisiert wird, oder man dabei geholfen wird? mag nicht immer alles manuell ausrechnen. danke!
AntwortenLöschenAutomatisches Rebalancing (also mit einem Knopfdruck wieder eine gewünschte Prozentverteilung der Anlagen herstellen) bieten die Broker meines Wissens erstmal noch nicht an. Dass muss man dann schon mit "normalen" Orders selbst von Hand machen.
LöschenFür ein durchschnittliches Depot, was jetzt nicht unbedingt 1000 Einzelpositionen hat, ist der Aufwand ja auch leicht selbst zu erledigen. Man kann sich den aktuellen Depotauszug als Excel runterladen und in eine vorgefertigte Maske importieren, wo dann anhand meines Gesamtstandes und der gewünschten Zielverteilung errechnet wird wieviel Anteile ich dafür zu/verkaufen muss.
Aber sooo oft passiert das sowieso auch nicht (z.B. mehr als einmal im Jahr). Erstmal ist es wichtig, eine vernünftige Toleranzgrenze zu haben, so dass man nicht jeden Tag wegen nur 0,42631 % Abweichung kleinste Cent-Beträge hin und her schiebt. Faustregel: Unter 1000€ keine Transaktionen, weil sonst der Kostenanteil zu groß würde. Zweitens sollte man auch (solang das Depot nicht schon massiv gewachsen ist) sich weniger auf Verkäufe konzentrieren, sondern die untergewichteten Anlagen einfach lieber mit neuem frischen Geld wieder aufpäppeln. Wer sein Depot regelmäßig bespart kann dabei also ganz automatisch nach Bedarf das Kapital verteilen. Erst ab einem hohen 5-6stelligen Depotvermögen bzw extrem unterschiedlichen Kursentwicklungen die man nicht so schnell wieder durch Sparbeträge ausgleichen könnte, macht es m.M. Sinn mit Verkäufen umzuschichten.
Achja, die Seite JustETF bietet (in ihrer Bezahlversion) eine Erstellung von Ordervorlagen zum Rebalancing an. Kannst dir ja mal anschauen ob das deinen Wünschen entgegenkommt, aber mal ehrlich, es lohnt sich eig nicht dafür Geld auszugeben wenn es sich nur um ein kleines Depot bzw kleine Beträge handelt und jeder das eigentlich selbst simpel in Excel in 1 Minute machen kann.
Hm...
AntwortenLöschenWenn ich nachkaufe, wenn ein Wert z.B. 25% gefallen ist, kann es ja auch sein, dass es weitere 25% runtergeht. Woher weiss ich, dass ich da nicht ins fallende Messer greife?
Zu den Put-Versicherungen. Hätte ich das letzten Oktober gemacht, weil es ja nach "Crash roch" nach den gut 10% Rückgang, dann hätte ich damit ordentlich Geld verbrannt. Wann kaufe ich denn die Put-OS, denn ich kann ja nie wissen, ob es nicht doch gleich wieder hochzieht?
"Woher weiss ich, dass ich da nicht ins fallende Messer greife?"
LöschenDas weiß niemand vorher. Gerade deshalb gibt es ja den Ansatz, sich dieser Unsicherheit einfach durch konsequente Rebalancingregeln zu stellen.
Die Alternative ist "taktisch" bzw aktiv zu traden, und anhand von Analysen/Meinungen/Gefühlen (ist öfter als man denkt dasselbe) zu versuchen bessere Ein- und Ausstiegszeitpunkte zu finden als ein stures buy-and-hold(-and-rebalance).
Die meisten Studien haben gezeigt das Privatanleger dabei kein so gutes Händchen haben, weswegen der passive Ansatz öfter empfohlen wird.
"Wann kaufe ich denn die Put-OS, denn ich kann ja nie wissen, ob es nicht doch gleich wieder hochzieht?"
Ist eigentlich das gleiche Problem wie oben. Man weiß nie vorher wie die Kurse werden, und Brandschutzversicherung kauft man ja auch nicht erst wenn das Haus schon in Flammen steht.
Man muss ja eigentlich nicht unbedingt aus jeder Situation noch das Optimum an Rendite raustraden. Wer sich das nicht zutraut (an Bescheidenheit ist noch keiner Pleite gegangen, an Selbstüberschätzung schon viele) und langfristig investiert mit Geld auf das man erstmal nicht angewiesen ist, brauch sich sowas eigentlich nicht antun.