Mittwoch, 15. Juli 2015

Aktienmarkt in China - Bedenkliche Entwicklung oder Hysterie?

In den wenigen Zeiten, in denen das Thema Griechenland in den letzten Wochen nicht medial ganze Sendungen füllte, wurde auch von den Vorgängen am chinesischen Aktienmarkt berichtet. Dort würde aktuell eine riesige Blase platzen und viele Millionen Chinesen hätten dort quasi "Haus und Hof" verspielt. Bei größeren Bewegungen am Kapitalmarkt gibt es sicher auch Marktteilnehmer, bei denen die Rechnung nicht aufging, aber hier möchte ich jetzt auf den Gesamtmarkt schauen und mit Vergleichen einschätzen welche Ausmaße die Kursrückgänge bislang tatsächlich erreicht haben

Shanghai A Index
Grundlage für die Berichterstattungen in den Medien ist der Shanghai A Index. In diesem Index sind Aktien von chinesischen Festlandsunternehmen gelistet. Sie waren bis vor kurzem für ausländische Investoren nur schwer bis gar nicht zugänglich. Anfang des Jahres 2014 hatte ich über einen neuen ETF berichtet, der chinesische Festlands-Aktien im Portfolio anbietet.

Shanghai A Index von 2004 bis 2015
- Quelle: comdirect.de
Wenn wir uns den Chart des Shanghai A Index anschauen, dann fällt sofort die Übertreibungsphase im Vorfeld der globalen Finanzkrise auf. Damals gab es besonders bei asiatischen Aktien und - nicht ganz unabhängig davon - Rohstoffen einen regelrechten Hype.
Nach dem kräftigen Rückgang zeigte der Aktien-Chart über einige Jahre hinweg - im Gegensatz zu den USA - eine leicht abwärts gerichtete Bewegung. Nicht zuletzt aufgrund einiger Leitzinssenkungen der chinesischen Zentralbank setzte plötzlich ein starker Aufwärtstrend ein. Von rund 2.200 Index-Punkten ging es in der Spitze auf 5.400 Punkte nach oben, das sind fast 150 Prozent Kursanstieg in etwa einem Jahr.

Nun ereignete sich ab Juni 2015 ein flotter Kursrückgang und von 5.400 Punkten ging es auf rund 4.000 Punkte herunter. Von der Spitze betrachtet bedeutet das einen Verlust von 26 Prozent. Diese Größenordnung innerhalb von vier Wochen wird tatsächlich bereits als Crash bezeichnet. Wer zum Hochpunkt noch eingestiegen ist, hat heute natürlich einen deutlichen Verlust im Depot - sofern er keine Ausstiegsstrategie vorbereitet hatte.
Wenn man jedoch berücksichtigt, dass es vorher einen Kursanstieg von fast 150 Prozent gegeben hat und der Dow Jones Industrial Average im Oktober 1987 an einem Tag(!) 23 Prozent Kursverluste verzeichne musste, mutet der Rückgang im chinesischen Aktienindex noch fast als normale Korrektur an.

Sowohl der Anstieg 2006/2007 als auch der in 2014/2015 erinnerten vom Chartbild her an eine sogenannte Fahnenstange. Im verlinkten früheren Artikel hatten wir gesehen, dass bei einer Fahnenstange das Chance-Risiko-Verhältnis für Anleger nicht besonders positiv ist.
Dennoch sind in der Schlussphase etliche Anleger - wohl vorwiegend aus China - dort noch aufgesprungen.


Vom emotionalen Umfeld her kann eine solche Phase des starken Kursanstiegs auch invers zu einem Crash-Szenario angesehen werden. Denn die chinesischen Medien werden über diese vermeintliche "Goldgrube" ständig berichtet haben, ein Anleger wird von Freunden und Kollegen aufgezogen, warum man sich denn diese tollen Gewinne entgehen lässt und ein professioneller Marktteilnehmer ist seinen Job los, wenn er bei diesem Hype nicht im großen Stil mit dabei ist.

Hang Seng Index
Um den Sachverhalt noch mehr zu relativieren nun noch einen Blick auf den prominenteren Hang Seng. Denn im eben besprochenen Shanghai A Index befinden sich auch viele kleine Firmen mit Wachstumspotenzial. Wir wir beim Artikel über Wachstumsunternehmen besprochen haben, steckt hier auch ein größeres Potential für hohe Kursschwankungen dahinter.

Hang Seng Index von 1996 bis 2015
Quelle: comdirect.de
Der international bekannte Hang Seng Index in Hongkong, mit großen global agierenden Konzernen, ist bereits seit vielen Jahren für Anleger aus aller Welt zugänglich. Hier sind viele bekannte Unternehmen aus China vertreten wie die China Construction Bank, Industrial&Commercial Bank of China, HSBC Holding, China Mobile, Lenovo und viele andere. Auch für Freunde von Dividenden-Aktien lohnt ein Blick in diesen Index. Immerhin können etwa 15 Unternehmen eine Dividendenrendite zwischen 4 und knapp 6 Prozent vorweisen.

Hier gab es im Frühling ebenfalls einen kräftigen Kursanstieg von 24.000 auf 28.000 Punkte, der mittlerweile wieder egalisiert wurde. Allerdings wirkt diese Kursbewegung im Vergleich zur Asien-Krise 1997 und 1998 sowie zur Finanzkrise 2008 und 2009 noch vergleichsweise klein und ist eigentlich erst auf dem zweiten Blick als ein relevantes Ereignis auszumachen.

Fazit
Besonders beim Shanghai A Index, mit Einschränkungen auch beim Hang Seng Index kam es zu einem deftigen Kursrückgang, der jedoch im Vergleich zum vorherigen Kursanstieg deutlich relativiert und weniger dramatisch erscheint. Dennoch hat dieser Vorgang ausgereicht auch die Kurse in Europa und in den USA vorübergehend zu drücken. Meiner Meinung nach mehr als die Griechenland-Thematik.
Interessanterweise berichteten die Medien erst jetzt im Sommer über die Vorgänge in China. Vom zuvor stattgefundenen Kursanstieg von fast 150 Prozent hatte ich im Winter und Frühling 2015 kaum etwas gehört.

Im Monatlichen Marktbericht blicken wir wie gewohnt jeweils auf die Geschehnisse an den weltweiten Kapitalmärkten und aktualisieren eine Hitliste von 100 Aktien mit günstigen Bewertungen und soliden Fundamentaldaten.

Zum Weiterlesen:

4 Kommentare:

  1. Ha, ich hab Ende letzten Jahres auch ein bissel mit dem CSI300-ETF rumgezockt, mich hats allerdings schon beim Knick Anfang Mai mit guten Gewinnen ausgestoppt.

    Jedenfalls, dass die Blase in China irrational ist, muss jeder ehrlich zugeben (ausser wenn er dir selbst was zu verkaufen hat ;-) . 150% in einem Jahr, durchschnittliches PE jenseits 60, das hat nix mit Vernunft und nachhaltiger Entwicklung zu tun. Wer da zocken will, bitte nur mit nem kleinen Teil des Vermögens, und arsch-engen Stoppkursen ^^

    Naja, jedenfalls auch ganz lustig zu sehen, warum das überhaupt so gekommen ist. Durch offizielle (und hinter-offizielle) Kanäle wurde ja die Börsenmanie gesteuert und befeuert (finanzpolitische Maßnahmen die eigentlich zur Unterstützung des kriselnden Immosektors dienen sollten sind alle in Börsenanlagen geflossen, sowas ähnliches kennen wir ja auch bei uns). Viel lustiger aber auch zu sehen, wie die jetzt versuchen den Crash zu managen. Der Staat verbietet sogar das Aktienverkaufen und Shorting, und viele Stocks werden selbst vom Handel direkt ausgesetzt. Ich meine, klar gibts Manipulation auch hier, aber wir versuchen wenigstens noch den Anschein eines "freien Marktes" zu wahren, aber die machen da keinen Hehl draus wenn die befehlen wie sie die Kurse denn gerne hätten. Da kommt wohl noch die alte Kommando-Planwirtschaft Mentalität durch, die immer noch vorherrscht. Mal kucken obs funktioniert ^^ (ich meine, klar wird sich die Realität am Ende irgendwo durchsetzen, aber erst nach wieviel aufgebautem Gegendruck).

    Aber klar, was interessiert das uns ? Wir wollen nur wissen wie es unser Portfolio und die gesamtwirtschaftliche Entwicklung betrifft - tja, Aussagen darüber, welche Bedeutung das hat, sind schwer (wie bei allem in China irgendwie), denn es ist unmöglich einzuschätzen wie groß und vernetzt die Börsenmanie um sich gegriffen hat. Kann sein dass es nur ein Sturm im Wasserglas war (so ala, Neuer Markt in Deutschland, Aktienfieber aber im großen und ganzen nicht relevant), kann auch sein dass es sich durch die Schattenbank-Systeme gehebelt größere Teile der Wirtschaft und Bevölkerung mit verreißt. Stichwort Hebel und Vernetzung, viele Leute/Unternehmen haben sich ja explizit verschuldet, um mitspekulieren zu können. Wenn da die Stricke einreißen, zieht das auf mehr als nur die Aktienkurse runter. Tja und falls China mal in eine handfeste Krise rutscht, werden auch wir schnell merken welche Bedeutung die für die Weltwirtschaft mittlerweile haben - also nicht mehr nur der sprichwörtliche Sack Reis ^^

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    1. Der Aufwärtstrend vom Hang Seng ist noch in Ordnung. Gerade in Kombination mit der lockeren Notenbankpolitik sollten die international agierenden Konzerne in diesem Index insgesamt weiter positiv performen.

      Für mich sind das eher Kaufkurse als jetzt alles was nach China aussieht aus dem Depot zu werfen.

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  2. Moin zusammen. Klasse blog. Befolge die asset allocation und den Fokus auf passiven Einkommen. Allerdings eine Frage die mir noch unklar ist: sollte ich mein Depot absichern Lars indem ich stop order setze? Wie machst du das? Wie viel Puffer gibst du dir da? Kannst du dazu einen Artikel schreiben wie konkret du den Portfolio nach unten absicherst mit solch ordern?

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    1. Stop-Loss-Order nutze ich nicht. Die Frage nehme ich aber zum Anlass in Kürze einen Artikel darüber zu schreiben.

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