Zunächst einmal die Frage, was möchte man eigentlich erreichen, wenn man Geld investiert? Natürlich sollte die Rendite stimmen, aber die Investments sollten auch zu Produkten oder Errungenschaften führen, die für Menschen angenehm sind (zum Beispiel Luxus-Artikel) oder ihnen einen Vorteil verschaffen (zum Beispiel Gebrauchsgegenstände oder Dienstleistungen, mit denen man Zeit oder Geld spart). Das können natürlich auch Konzerne sein, die einfach die Bedürfnisse des täglichen Bedarfs befriedigen (Lebensmittelhersteller oder Reinigungs- und Hygiene-Artikel).
Bis hierhin werde ich mit dieser groben Einteilung von der großen Mehrheit der Blogleser sicher Zustimmung ernten. Schauen wir uns nun einige Wirtschaftsektoren bezüglich Moral und Ethik an.
Rüstungsunternehmen
Bei Aktien von Unternehmen, die Waffen herstellen, die letztendlich auch in Kriegsgebieten zum Einsatz kommen, wird wahrscheinlich jeder im ersten Augenblick zustimmen, dass diese für Investments tabu sind.
Denkt man jedoch länger darüber nach, ist die Entscheidung nicht mehr so eindeutig. Denn leider werden Rüstungsprodukte an verschiedenen Stellen auch zur Abschreckung benötigt. Ich weiß, in einer perfekten Welt gibt es keinerlei Waffen, aber wie realistisch ist das? Wenn nur eine Seite eine Auswahl von Kampfmittel hat, fühlt sich die andere bedroht und sorgt ebenfalls für genügend Abschreckungspotenzial durch Waffen.
Man denke zum Beispiel an die Bedrohung durch Atombomben während des Kalten Krieges. So makaber das klingen mag, aber die Massenvernichtungswaffen sorgten für eine gewisse Balance zwischen den Supermächten.
Eine Bundeswehr ohne Waffen wäre lediglich eine Farce. Aber selbst im kleineren Maßstab kann man sich eine Polizei ohne Waffen für die Durchsetzung von Recht und Ordnung nicht vorstellen.
Zwei Beispiele von Rüstungsunternehmen sind Raytheon (steht derzeit sogar zur Wahl für das Aristokraten-Depot) und Rheinmetall.
Tabakkonzerne
Dass regelmäßiges Rauchen von Tabak die Wahrscheinlichkeit für diverse Erkrankungen (zum Beispiel Herzinfarkt und Lungenkrebs) deutlich erhöht, ist mittlerweile kaum mehr umstritten. Da gleichzeitig Tabak zumindest einen Gewöhnungseffekt beim Körper auslöst (manchmal wird auch schon von Sucht gesprochen), kommen hier gelegentlich ethische Bedenken auf.
Die Frage stellt sich dennoch, wer die Konsumenten dazu gezwungen hat zum regelmäßigen und starken Raucher zu werden? Was ist mit den Gelegenheitsrauchern, die eigentlich nicht rauchen und lediglich bei bestimmten Anlässen zur Zigarette greifen?
Auf passivergeldfluss.de sind drei Beispiele von Tabak-Unternehmen mit einer durchaus üppigen Dividendenrendite gelistet.
Öl- und Gas-Unternehmen
Öl- und Gas-Unternehmen sind im Grunde einer permanenten Gefahr ausgesetzt größere Umweltkatastrophen zu verursachen. Ein ausgedehnter Ölteppich auf dem Meer ist nach jedem größeren Schiffsunglück zu erwarten. Der Abbau von Ölsand hinterlässt eine verwüstete Landschaft und die Erdgasgewinnung durch Fracking ist gerade aus Gründen der Umwelt ziemlich umstritten. Zudem setzt die Verbrennung fossiler Brennstoffe vermehrt Kohlendioxid frei, welches als Treibhausgas fungiert und Studien zur Folge maßgeblichen Anteil an einer Klimaerwärmung hat.
Andererseits fahren wir doch fleißig Auto und beschweren uns über hohe Benzinpreise, die noch wesentlich höher wären, wenn es bei der Ölförderung noch strengere Umweltkriterien gäbe.
Öl und Gas nutzen wir zudem im Winter zum Heizen.
Prominente Beispiele sind Exxon Mobil und Royal Dutch Shell, die wir in unserem Dividenden-Aristokraten Depot haben. Auch die bei Dividendenfreunden beliebte Master Limited Partnership (MLP) Unternehmen, sind US-Dienstleister aus dem Öl-, Gas- und Kohleminen-Segment.
Kosmetik- und Pharma-Unternehmen
Pharma-Unternehmen sind permanent auf der Suche nach neuartigen Wirkstoffen, um Krankheiten zu bekämpfen. Der medizinisch-pharmazeutische Fortschritt ist auch ein Grund, warum wir Menschen immer häufiger von schweren Krankheiten geheilt werden können und dementsprechend länger leben. Das finden viele natürlich gut, aber bevor neue Medikamente für Menschen genutzt werden können, müssen sie eine Reihe von Tests überstehen. Dafür nutzt man auch Tiere um die Wirkung neuer Arzneimittel zu erproben. Tierversuche sind ein schwieriges Thema, welches oft ziemlich intensive Emotionen aufkommen lässt.
Beispiele für Parma-Unternehmen sind Pfizer, Novartis, GlaxoSmithKline, Johnson&Johnson oder Bayer. Auch hier befinden sich einige in unserem Dividenden-Aristokraten Depot.
Schlechte Arbeitsbedingungen
Selbst Unternehmen mit offenbar hohen Gewinnmargen aus dem Luxus-Sektor tauchen wegen ihrer harten Arbeitsbedingungen immer mal wieder in den Medien auf, so zum Beispiel hier und hier. Dabei treten Diskussionen darüber auf, wieviel Kapitalismus ok und gut ist und ab wann Arbeitnehmer ausgebeutet werden.
Als Beispiele wurden in den verlinkten Artikeln Apple und Hugo Boss genannt. Aber auch bei BurgerKing, McDonalds oder Hennes & Mauritz (H&M) und noch anderen gibt es Meldungen über schlechte Arbeitsbedingungen.
Es gibt sicherlich noch mehr Branchen wie zum Beispiel Glücksspiel, aber ich denke, das reicht hier für diesen Artikel.
Kaum Investitionsmöglichkeiten bei strengen Kriterien
Sofern wir bei unserer Aktienauswahl mit diesen genannten Wirtschaftsbereichen ethische oder moralische Bedenken für Investments haben, wird es schwierig überhaupt etwas zu finden. Generell fallen sämtliche globalen und kontinentalen Aktien-Fonds, Aktien-ETFs oder einfach die Standard Aktien-Indizes, wie DAX, Euro Stoxx, Dow Jones, Nikkei, usw. aus. Denn die Zusammensetzung der Fonds, ETFs und Indizes wechselt von Zeit zu Zeit, so dass man selbst keine Kontrolle hat, ob derart unerwünschte Unternehmens-Aktien mit ins Portfolio aufgenommen werden.
Selbst wenn man selektiv einzelne Aktien herausgreifen möchte, wird die Luft ziemlich dünn, um noch ein einigermaßen diversifiziertes Depot zu bekommen. Denn im Grunde findet man bei jedem profitablen Unternehmen, welches sich im globalen Wettbewerb befindet, bei genauerem Hinsehen etwas womit man selbst nicht einverstanden ist. Und dann kommt man rasch zu der Frage, ob man nun aus ethischen Gründen überhaupt sein Geld am Kapitalmarkt investieren sollte. Dies führt schnell zu ideologischen oder gar philosophischen Diskussionen.
Selbst bei Anleihen können moralische oder ethische Bedenken aufkommen. So erhält man als Anleger des hier bekannten iShares J.P. Morgan $ Emerging Markets Bond ETF auch schon einmal Zinsen von Staaten, die einem aus unterschiedlichen Gründen weniger sympathisch sind.
Wie sieht es bei Ihnen aus? Legen Sie wert auf Ethik bei der Geldanlage oder hat dieses Thema beim Investieren keine hohe Priorität?
- Sie wollen grundsätzlich mehr aus Ihrem Geld machen?
- Die Zeiten einer knappen Kasse soll bei Ihnen der Vergangenheit angehören?
- Ihr Geld soll endlich einmal hart für Sie arbeiten?
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Zum Weiterlesen:
- Ist viel Geld zu besitzen unsozial?
- Norweger Staatsfonds ist der größte der Welt
- Teil 4: Rohstoffe - Artikelserie: Mit ETFs in verschiedene Anlageklassen investieren
- Wie werden Sie langfristig zwangsläufig reich?
- Wie lange müssen Sie noch zwingend für Geld arbeiten gehen?
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- Die Saat und Früchte der Dividende
Hallo zusammen, also ich persönlich finde das Ethik und Moral schon eine Rolle spielen in Bezug auf Geldanlagen. Allerdings sollte man sich überlegen, bevor man sagt: "In das Unternehmen investiere ich nicht weil die Arbeitsbedingungen so schlecht sind.", wie man sonst im Alltag damit umgeht. Kauft man als Kosument die Produkte aus diesen Firmen auch nicht? Dann finde ich es nachvollziehbar wenn man auch nicht in das Unternehmen investiert. Kauft man aber die Produkte und sagt im gleichen Atemzug, dass man in ein solches Unternehmen nicht investieren will, kann ich das nicht so nachvollziehen. Ich denke viele Leute interessiert nicht unter welchen Bedingungen z.B. ein T-Shirt oder ein Iphone hergestellt wurde. Hauptsache der Preis stimmt.
AntwortenLöschenIch persönlich mache mir über Moral und Ethik glaube ich zu wenig Gedanken muss ich zugeben. Vielleicht sollte ich dies ändern.
VG
Sparfuchs
Ich beschäftige mich schon ziemlich lange mit dem Markt der ethischen Finanzprodukte. Eine wichtige Unterscheidung in diesem Bereich ist die folgende: Möchte man
AntwortenLöschena) Ausschlusskriterien ("böse" Sektoren ausschließen wie die oben geannten) und/oder
b) in die "nachhaltigsten" Unternehmen einer Branche (sogenanntes "Best in Class").
Für Fall a) wird es vermutlich schwierig, einen ETF zu finden mangels geeignetem Index. b) hingegen ist am Markt breit etabliert und es gibt auch entsprechende ETFs. Das Ganze funktioniert so: Eine "Ethik-Rating-Agentur" betrachtet alle Unternehmen eines z.B. Welt-Index'. An alle Unternehmen dieses Index werden eine Vielzahl von Umwelt- und Sozial-Kriterien angelegt, idealerweise unterscheidet man hier auch nach Branchen (für ein Medien-Unternehmen spielen andere Dinge eine Rolle als für einen Bergbau-Konzern). Jedes Unternehmen bekommt eine Punktzahl.
Dann sagt man: Mein Nachhaltigkeits-Index besteht aus den 20% der Unternehmen des Basis-Index mit der höchsten Nachhaltigkeits-Punktzahl in ihrer Branche. Fertig ist der "Best in class"-Index.
Genau das passiert bei dem bekanntesten Index in diesem Bereich, dem Dow Jones Sustainability Index (DJSI). Grundlage ist der "Dow Jones Global Total Stock Market Index". Rating-Agentur ist "Sustainable Asset Management" (SAM) in der Schweiz. Das Unternehmen veröffentlicht jährlich ein "Yearbook", in dem es die "besten" Unternehmen weltweit kürt (s. http://yearbook.robecosam.com/). Ähnlich funktionieren die "MSCI Global Socially Responsible Indices".
Letztlich ist auch dieser Ansatz natürlich angreifbar. Unter den "besten" Unternehmen finden sich viele, die irgendwo auch Dreck am Stecken haben. Doch das ist das Problem: Die größten Unternehmen der Welt sind normalerweise so groß, dass es sehr schwer (unmöglich?) ist, komplett moralisch zu agieren. Trotzdem glaube ich, dass es besser ist, das kleinere Übel zu wählen, als Moral völlig außen vor zu lassen. Bringt es was für die Welt? Ja, wenigstens ein bisschen was schon: In manchen Bereichen kann man einen Wettbewerb zwischen den großen Unternehmen beobachten, wer der nachhaltigste ist.
Deshalb bin ich froh, dass es auch "nachhaltige" ETFs gibt, s. https://www.justetf.com/de/find-etf.html?assetClass=class-equity&equityStrategy=Social%2B/%2BEnvironmental . Meine Frau legt darauf sehr großen Wert, deshalb kommen für uns nur solche ETFs in Frage, auch wenn die Rendite bei gleichem Risiko u.U. etwas niedriger ist. (Das ist übrigens gar nicht so sicher, die Daten sind hier wohl uneindeutig. Erklärung: "Nachhaltige" Unternehmen haben ein besseres Risikomanagement-System.)
Hallo,
AntwortenLöschenDie Ethik und Moral bei der Geldanlage ist ein ziemlich spannendes Thema. Dabei gibt es natürlich kein richtig oder falsch. Für die meisten Anleger steht dabei die Rendite über den moralischen Aspekten.
Ich finde es aber sehr interessant, dass es ETFs gibt, die möglichst nachhaltige / ökologische Aktien aufnehmen (wie der anonyme Nutzer vor mir geschrieben hat).
Wenn wir davon ausgehen, dass wir uns in der Welt in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zu mehr Nachhaltigkeit hinwenden, könnten diese ja sogar die anderen ETFs outperformen... aber das ist natürlich reine Spekulation. :-D
In jedem Fall finde ich das Thema sehr interessant und auch positiv, es zu thematisieren. Schließlich stehen Aktionäre ja oft in dem Ruf, gewissenlose Ausbeuter zu sein. Damit können aber auch und vor allem die "guten" Unternehmen unterstützt und gleichzeitig eine gute Rendite erreicht werden.
Viele Grüße
Jannes
Hallo allerseits,
AntwortenLöschendieser Green Effects NAI-Werte Fond (IE0005895655) erfuellt durchaus strenge Kriterien; http://www.nai-index.de/seiten/kriterien_kurz.html
und hat seit Auflage dennoch eine angemessene Performance.
(Natuerlich ist sowas nicht unbedingt ein Papier im Sinne dieses Blogs - TER 1,24% thesaurierend -, aber beim Thema des Threads geht es um eine andere Sichtweise, die eben auch einen laengeren Atem erfordert.)
MfG
Alex