Früher war die Welt noch in Ordnung, zwischen 1970 und 1985 konnten Anleger mit 10-jährigen Bundesanleihen noch eine Verzinsung von 8 bis teilweise über 10 Prozent erzielen. Das klingt auf den ersten Blick unglaublich, denn eine Verzinsung von 8 Prozent jährlich erhielt man am Aktienmarkt in den letzten 20 Jahren, aber dafür mit allen Risiken des Kapitalmarkts. Aber dieselbe Größenordnung bei "sicheren" Anlagen wie Staatsanleihen der Bundesrepublik Deutschland?
Die Realverzinsung von 10-jährigen deutschen Staatsanleihen seit 1970 - Quelle: eigene Recherche |
Im Grunde heißt diese niedrige Verzinsung übersetzt, dass zu viele Geldanleger sparen möchten, aber zu wenige Marktteilnehmer investieren wollen. Offenbar sind es aber nicht nur Privatleute, die Sicherheit vorziehen, sondern auch große Konzerne. Der CEO des größten Vermögensverwalters der Welt, nämlich BlackRock, appellierte an die Unternehmen mehr zu investieren anstatt eigene Aktien zurückzukaufen oder hohe Dividenden auszuschütten.
Dieser als finanzielle Repression bekannter Prozess ist in historischer Betrachtung aber nicht ungewöhnlich und trat auch in der Vergangenheit häufig auf.
Die Seite wellenreiter-invest.de hat in einer Newsletterausgabe eine Grafik veröffentlicht, auf der zu sehen ist, dass die Realverzinsung 10-jähriger US-Staatsanleihen in der langen Historie seit 1870 durchaus häufiger negativ ausfiel. Die letzten Jahrzehnte mit längerer positiver Realverzinsung - auch in den USA - war demnach eine eher komfortable Zeit für Anleger in Staatsanleihen.
Die Frage, wann in der Eurozone die Leitzinsen wieder angehoben werden, ist noch ziemlich offen. Bevor die sogenannten Peripherie-Staaten der Eurozone (besonders in Südeuropa) keine nachhaltige wirtschaftliche Verbesserung eintritt, wird eine nennenswerte Erhöhung der Leitzinsen wohl noch eine Weile auf sich warten lassen.
Wenn ich mir Leser-Kommentare zu Berichten über Niedrigzinspolitik und finanzieller Repression durchlese, stoße ich nicht selten auf Proteste. Sie bekommen teilweise auch Unterstützung durch Ökonomen, die von einer Belastung der deutschen Sparer sprechen.
Auch hier gilt wie so oft im Leben, ist man mit einer Situation nicht zufrieden, dann muss man selbst aktiv werden und etwas ändern. Durch lamentieren wird sich nichts zum Besseren verändern, denn es gibt kein Recht auf eine hohe Verzinsung seiner Ersparnisse. Zumindest einen Teil seines Kapitals sollte man renditestark anlegen, wenn man das Geld für eine gewisse Zeit nicht benötigt. Dafür muss man etwas mehr Risiko in Form von Kursschwankungen in Kauf nehmen. Zum Beispiel erhält man mit globalen Aktien-ETFs oder ETFs mit Hochzinsanleihen über mehre Jahre gesehen eine Rendite, die nach Abzug der Inflation deutlich über 0 Prozent liegt. Auf der Seite "Ausschüttungsquoten von ETFs" befinden sich mehrere Dutzend Wertpapiere mit einer Ausschüttungsrendite zwischen 3 und 8 Prozent.
Niemand kann ein Recht auf eine hohe Verzinsung einfordern und stattdessen gibt es gute Gründe, dass die Zeit der niedrigen Zinsen weiter andauert. Aber das eigene Anlageverhalten, das hat man selbst in der Hand und genau dieses gilt es zu verändern. Falls noch nicht geschehen, ist es dringend angebracht aus finanzieller Sicht umzudenken!
Zum Weiterlesen:
- Sieben Gründe warum jeder die finanzielle Unabhängigkeit anstreben sollte
- Das Inflationsbarometer
- Mit Investitionen und unternehmerischem Denken zum finanziellen Erfolg!
- Die Aktienkultur in Deutschland
- Wertzuwachs von Kapitalvermögen ist höher als bei Arbeitseinkommen
- Wie werden Sie langfristig zwangsläufig reich?
- Verschenkte Rendite: Ein Tagesgeldkonto ist keine Geldanlage!
Ja, es wirkt manchmal schon etwas peinlich, wenn stellenweise auch das Wort "Enteignung" für den Zustand benutzt wird. Das offenbart ein ziemlich kleinliches Anspruchsdenken, als ob (gute) Zinsen ein Menschenrecht wären und anscheinend einfach so vom Himmel fallen (und nicht von gesamtwirtschaftlichen Prozessen abhängig sind).
AntwortenLöschenDieselben Leute, die jetzt jammern weil ihr Geld auf dem "alternativlosen" Sparkonto (oder anderen Zinsprodukten) versauert, sind dann aber auch die gleichen die ja nieeee (wieder?) Aktien anrühren würden, weil das ja unsicheres Teufelszeug sei.
Ah ja, alles klar. Also mein Mitleid, jedenfalls, hält sich in Grenzen.
Die niedrigen Leitzinsen haben ja auch positive Auswirkungen für einen Teil der Bevölkerung. Unsere Schuldner, die von niedrigeren Schuldzinsen profitieren - auch unser Staat - sowie Erwerber von Immobilien, die zu günstigen Konditionen ein Eigenheim finanzieren können (auch wenn in der Folge in Großstädten die Immobilienpreise überdurchschnittlich) gestiegen sind. Natürlich haben auch die Aktienkurse und Rentenfonds profitiert. Für die klassischen Sparer sieht es momentan schlecht aus, allerdings kann man Gegensteuern. Nur nehmen sich die wenigsten Menschen die Zeit und befassen sich mit der Materie. Dieser Personenkreis sind die besten Kunden von Vermögensberatern und lassen sich diverse Bausparverträge und überflüssige Versicherungen aufschwatzen. Dank der neuen Medien kann man heute ohne großen Aufwand und in geringer Zeit Informationen sammeln und Preisvergleiche vornehmen und jede Menge Geld sparen. Das wiederum kann man investieren oder für andere schöne Dinge ausgeben.
AntwortenLöschenVg Euer Torsten