Montag, 9. Mai 2016

Aktien-ETFs aus aller Welt – Artikelserie 6a - Vorüberlegung, wie baue ich mein Weltportfolio auf?

Die beliebte Artikelserie Aktien-ETFs aus aller Welt war eigentlich schon beendet. Nun haben Chris und ich uns überlegt noch einen Abschluss-Bonus zu geben.

Artikel wurde von Chris verfasst

Nachdem wir in den vergangen Artikeln einige Aktien-ETFs aus aller Welt vorgestellt haben, möchte ich Ihnen in diesem Beitrag zum Abschluss noch einige Gedanken mitgeben, wie man sich letztendlich aus all diesen Bausteinen sein eigenes Portfolio zusammenbauen kann. Dabei geht es weniger darum, einfach nur ein fertiges Musterportfolio von der Stange zu präsentieren, sondern die Vorgehensweise zu erklären, um jedem Anleger die Fähigkeiten zu vermitteln, ein für seine eigenen Bedürfnisse speziell angepasstes individuelles Portfolio selbst aufzubauen. Der Prozess dabei ist auch nicht so schwer oder aufwändig, wie sich manche Einsteiger das vielleicht vorstellen, und man muss ihn so nicht an Vermögensverwalter oder Robo-Advisors abgeben, die im Grunde nur die selbe "Arbeit" machen, aber dafür noch extra bezahlt werden wollen.

Die Gedanken beziehen sich dabei natürlich vorrangig auf eine langfristige Buy&Hold Anlage in ein diversifiziertes Welt-ETF Depot.
  • langfristig bedeutet dabei, dass der Investitionszeitraum mehrere Jahre und Jahrzehnte betragen wird. Für kürzere Anlagen sind Aktien also weniger geeignet.
  • Buy&Hold (kaufen und halten) beschreibt dabei unsere Vorgehensweise, in der es nicht um spekulatives Trading geht, sondern die einmal getätigten Anlagen möglichst lange liegengelassen (und nachgekauft) werden.
  • Wegen der obigen Punkte ist deshalb Diversifikation sehr wichtig. Statt fragiler Einzelwetten nur auf bestimmte Länder oder Branchen müssen wir daher unser Kapital möglichst breit aufgestellt über die ganze Welt robust verteilt streuen. Dabei sind günstige Aktien-ETFs auf große Standard-Indizes ein geeignetes Produkt.

Diagnose der eigenen Finanzen

Die wichtigste Frage zuerst dabei ist, noch bevor es um die speziellen Produkte an sich geht, wie viel Kapital ich überhaupt investieren kann und möchte. Es ist dazu also notwendig, einen möglichst kompletten Überblick der eigenen Finanzen zu haben, um zu wissen, wie viel freies Vermögen (das auch nicht kurzfristig für andere Zwecke gebraucht wird) einem zur Verfügung steht. Davon sollte natürlich noch ein gewisser Teil als eiserne Notreserve abgezogen werden. Daneben ist es auch wichtig, seine persönliche Spar-Rate (der Überschuss zwischen monatlichen Einnahmen und Ausgaben) definieren zu können, um zu wissen wie viel Kapital noch zusätzlich immer weiter investiert werden kann.

Bereits vor dem Investieren gilt es sich eine Strategie zu überlegen.


Nun gilt es, das freie Gesamtkapital in verschiedene Risikoklassen aufzuteilen. Dies macht man, um die (bei Aktien unvermeidbaren) Schwankungen der Anlage-Entwicklung auf eine jeweils persönliche Toleranzgrenze einrichten zu können. Eine leicht verständliche und auch für den Privatanleger einfach umzusetzende Faustregel dazu ist der "50 Prozent Crashtest". Da auch für große Aktienindizes irgendwann in Zukunft ein Crash auftreten kann, in dem sie um minus 50 Prozent zurückgehen (so zuletzt passiert zum Beispiel 2000-2003 und 2007-2009), sollte man sich dessen vorher schon bewusst sein. Wer sein ganzes Kapital in den Aktienmarkt investiert, wird solche eventuellen Rücksetzer voll durchstehen müssen. Für alle anderen, die nur weniger Verluste ertragen können oder wollen, dürfen dementsprechend nur einen kleineren Teil ihres Kapitals in solche Risiko-Anlagen investieren. Wer beispielsweise nur 25 Prozent mögliche Verluste haben möchte, sollte nur die Hälfte seines Kapitals in Aktien-ETFs investieren. Bei jemandem, dessen "Schmerzgrenze" nur 10 Prozent beträgt, liegt die dafür nötige Investitionsquote bei nur etwa einem Fünftel des Gesamtvermögens.

Weitere Überlegungen bevor es richtig los geht

Natürlich sind diese Überlegungen in der Praxis immer eine Abwägung: Weniger Risiko auf der einen Seite bedeutet natürlich auch weniger Renditechancen auf der anderen Seite gegenüber. Die Entscheidung, wie viel Kapital Sie überhaupt in Aktien investieren sollten, kann Ihnen also auch niemand anderes abnehmen, sondern muss ganz allein zu Ihren persönlichen Bedürfnissen passen. Deswegen ist es auch gerade so wichtig, langfristig zu denken und nur mit Kapital zu handeln, was nicht für andere Zwecke eingeplant ist. Ein 30-jähriger zum Beispiel hat noch viele Jahrzehnte seines weiteren "Börsenlebens" vor sich, in denen er sich von Krisen wieder erholen kann, und wird daher auch eine dementsprechend höhere Investitionsquote verkraften können als ein 60-jähriger, dem es mittlerweile mehr um die Vermögenssicherung als nur um den Vermögensaufbau geht.

Natürlich drängt sich gerade heutzutage dabei auch sofort wieder eine Grundsatzdiskussion auf, was denn überhaupt noch "sichere Anlagen" sind? Selbst hochsolide Staatsanleihen und die Sicherheit der Banken, auf denen wir unser Geld parken, können heute nicht mehr einfach so weiter unzweifelhaft als garantiert angenommen werden. Es gilt also, einen für sich passenden vernünftigen Kompromiss zwischen blindem Vertrauen und übertriebener Paranoia zu finden, der am ehesten auch hier noch durch Diversifikation erreicht werden kann. Das heißt also (ab einer gewissen Summe, die Sinn macht), sein Kapital zum Beispiel über verschiedene Finanzinstitute oder Anleiheschuldner und Anlageklassen zu verteilen. Eine möglichst hohe Rendite ist für diesen Portfolio-Teil eher nebensächlich, denn das Ziel ist zuerst Risikobegrenzung. Wichtige Kriterien sind hier vor allem die Wertstabilität (geringe Schwankungen der Anlage) und einfache Verfügbarkeit.

Für die meisten Leute mit kleineren Vermögen dürfte daher ein Tagesgeldkonto noch als unkomplizierteste Lösung für den Sicherheits-Teil ihres Portfolios ausreichen. Darüber hinaus bieten verschiedene Anleihe-ETFs viele weitere Investitionsmöglichkeiten, die man nach eigenem Ermessen mit kombinieren kann. Da die verschiedenen Arten und Eigenschaften der Anleihen schon wieder ein ganzes Thema für sich wären, können Unentschlossene zum Anfang auch einfach einen breiten Anleihe-Index wie den "Euro Aggregate Bond" benutzen, der viele verschiedene Staats- und Unternehmensanleihen beinhaltet. Ein Produkt dazu gibt es zum Beispiel von iShares mit der ISIN DE000A0RM447 .

Je nach persönlicher Risikotoleranz und Investitionsquote zwischen Aktien und Sicherheitsanteil kann man sein Portfolio nun als "konservativ" (weniger als ein Drittel Aktien), "ausgewogen" (ungefähr Hälfte Aktien, Hälfte risikobegrenzt) und "offensiv" (mehr als zwei Drittel Aktienanteil) einstufen. Da sich im Laufe der Zeit die Anlageklassen unterschiedlich entwickeln, sollte auch bei zu starken Abweichungen ein Rebalancing vorgenommen werden, um wieder die gewünschte Ausgangsverteilung herzustellen. Hilfreiche Tabellen dazu finden Sie zum Beispiel hier um die Ist/Soll-Gewichtung automatisch zu berechnen.

Das Rebalancing diszipliniert dabei auch gut und schützt vor emotionsgetriebenen Fehlhandlungen (gierige Käufe, panische Verkäufe). Ist die Verteilung einmal festgelegt, wird dann auch durch Börsenkrisen (wenn die Aktien stark gefallen sind und sich ihr Portfolioanteil dementsprechend unter das Ziel verringert hat) ganz planmäßig nachgekauft, und man kann damit wieder verstärkt an späteren Erholungen teilhaben. Genauso wird auch in Aktien-Blasen, wo die Kurse überverhältnismäßig stark ansteigen, ganz automatisch das Engagement eingegrenzt. Diese ausgleichende und glättende Funktion wird auch noch dadurch genutzt, in dem man regelmäßig in festen Abständen eine bestimmte Summe frisches Kapital aus Spar-Überschüssen ins Depot neu mit investiert, um langfristig vom "Cost Average"-Effekt zu profitieren - kurz gesagt, bei fallenden Kursen kann man für gleich viel Geld mehr Anteile kaufen.

Das war der Teil 6a der Serie "Aktien-ETFs aus aller Welt", bei der wir einige Vorüberlegungen getroffen haben, bevor es nun zum Aufbau des Portfolios geht. Die gesamte Serie sieht folgendermaßen aus.

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4 Kommentare:

  1. Ein schöner Artikel. Warum aber nicht etwas weniger Rendite in Kauf nehmen und dafür ruhiger schlafen? Ich möchte voll an den Märkten dabei sein, aber eben mit einer Art Versicherung. Es gibt doch Möglichkeiten, wie hier auch schon irgendwo ein anderer Leser mit seinen Optionen mal schön beschrieben hat. 10-15 Prozent Verlust machen sicherlich die meisten Anleger mit. Aber 30 oder gar 50 ? Vor allem wer frisch einsteigt auf höherem Niveau muss sich damit befassen. Wer schon auf hohen Kursgewinnen sitzt, steckt einen Crash anders weg. Ich möchte etwas mehr für das Thema Absicherung sensibilisieren. Auch wenn das Rendite kostet. Wer ein Niveau z.B. 15 % unter derzeitigem Niveau absichert kommt noch relativ günstig weg, schläft aber besser. Die Zeiten werden definitiv global heftiger. Finanziell umdenken! Wäre das hier nicht ein Stück angebracht? Hier bin ich also anderer Meinung...

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    1. Wieso anderer Meinung ? Niemand ist doch "gegen" Gedanken zur Absicherung, nur haben Sie auch bitte etwas Verständnis/Geduld dafür, dass sich diese Artikelserie erstmal hpts an die Grundlagen für Anfänger gerichtet hat, die noch überhaupt mit dem Einstieg in die eigene Kapitalanlage generell und dem Aufbau ihres Marktportfolios beschäftigt sind. Wenn das dann einmal steht, kann man sich fortschreitend noch mit den verschiedensten Absicherungsstrategien gerne weiter beschäftigen.

      Wie gesagt, wenn Ihnen dieses Thema anscheinend sehr auf der Seele liegt, können Sie Ihr Wissen dazu ja auch gerne in einem Gast-Artikel ausführlicher mit den Lesern teilen :-)

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  2. Ich sehe es ähnlich wie der andere Kommentator. Prognosen der Durchschnittsrenditen fallen immer weiter. Kaufen und liegenlassen wird so nicht mehr funktionieren. Gründe: Zunehmenden Volatilitäten die nicht nur den Aktienmarkt treffen. Wer künftig noch gute Renditen erzielen möchte, muss ein viel höheres Aktienrisiko in Kauf nehmen als in der Vergangenheit. Risikomanagement insbesondere bei Aktien ist von zentraler Bedeutung. Eine Vermeidung extremer Verlustphasen hat massive Auswirkungen auf die Rendite. Es braucht aktives Risikomanagement auch für den Kleinanleger. Die ruhigen Zeiten sind endgültig rum.

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    1. Ich empfehle allen etwas ambitionierteren Kleinanlegern eine zweigleisige Strategie:

      1. Einen regelmäßigen Sparplan mit ein paar sinnvollen ETFs

      2. Kurzfristiges Handeln mit Hebel-Zertifikaten auf höchstwertige Aktien wie Nestle. Man nutzt so kleinste Tagesschwankungen aus Gewinne zu machen. Beispiel: Ich habe heute innerhalb einer Stunde 6 Prozent mit Nestle-Zertifikate Rendite gemacht. Und das bei den tagesüblichen Schwankungen.

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