Freitag, 24. April 2015

Teil 3 - Wie verhalte ich mich als Anleger in Krisenzeiten?

Im ersten Teil der Artikelserie "Wie verhalte ich mich als Anleger in Krisenzeiten?" hatten wir geprüft, ob mittelfristige Hochpunkte am Aktienmarkt frühzeitig zu erkennen sind und wie die letzten beiden Bärenmärkte verlaufen sind. Im zweiten Teil der Serie schauten wir, worauf zu achten ist, wenn man regelmäßige Einzahlungen vornimmt und wie hoch eventuelle Dividendenkürzungen ausfallen werden.
Im nun folgenden dritten Teil blicken wir auf die beiden wohl größten Hindernisse seine Pläne in Krisenzeiten in die Tat umzusetzen.

Im zweiten Teil haben wir einige Aktionen als Anleger besprochen, wie man in einer negativen Börsenzeit agieren sollte. Es wurde auch unterscheiden, ob man sein investiertes Geld bald benötigt und ob es einen Unterschied zwischen Aktien und Aktien-ETFs macht.

Klingt in der Theorie gut, was sagt die Praxis?
Wer ausreichend Zeit mitbringt und nicht die Nerven verliert, wird daher von einem Börsenwinter im besonderen Maße in der Zeit danach profitieren und richtig gut Geld verdienen.

Das sieht in der Praxis meistens anders aus und da stehen wir Menschen uns mit unseren Emotionen oft selbst im Weg. Selbst war ich im Sommer und Herbst 2008 gut investiert - zumindest was damals davon im Depot noch geblieben war - und nahm folgendes Umfeld wahr:
Das eigene Depot war blutrot, der Großteil der Investments war mit einer deutlich zweistelligen Prozentzahl im Minus. An einigen Tagen begann der Börsenhandel sogar noch moderat und der DAX war am Vormittag nur 1 Prozent im Minus. Am Nachmittag vergrößerte sich das Minus jedoch meist auf 4 bis 5 Prozent.
In den Medien gingen in den Nachrichten und zig Sondersendung wahre Weltuntergangsszenarien herum. Von einer Kernschmelze des Finanzsystems war die Rede und ständig hing die Frage in der Luft, welche Bank nun als nächste in die Insolvenz gehen müsse. Nahezu sämtliche Gesprächspartner in Finanz-Magazinen, in diversen Sondersendungen, in den Börsennachrichten rieten von Aktien ab und man sollte in solch einer Zeit nur auf Sicherheit setzen. Auch Anleihen seien nicht mehr richtig sicher und man müsse jetzt Bargeld und vor allem Gold haben. Im Eifer des Gefechts vergaß man, dass der Goldpreis in US-Dollar im Jahr 2008 ebenfalls rund 30 Prozent an Wert verlor.
Am nächsten Tag verlor der DAX zur Abwechslung dann 7 Prozent und das eigene Depot ebenfalls einige Prozentpunkte an Wert.

In so einem Umfeld muss man als Anleger schon gang schön hartgesotten sein können, um jetzt von der vorbereiteten Strategie nicht abzuweichen. Als es Anfang Januar 2009 den finalen Ausverkauf gab, gaben auch viele Privatanleger entnervt auf und verkauften ihre Aktien mit hohen Verlusten.

Bärenmarkt 2000 bis 2003 war zermürbend
Wie wir im ersten Teil dieser Artikelserie gesehen haben, verlor der DAX im Jahr 2000 zunächst einmal relativ langsam, aber stetig an Kurswert. Viele dachten damals noch an eine Korrektur, dann kam es zum ersten Crash mit den Terroranschlägen im September 2001. Hoffnung schöpfte man als Anleger als es eine rund halbjährlich Erholungsphase bis März 2002 gab. Dann folgte der größte Rückgang des Bärenmarktes und der DAX fiel in wenigen Monaten auf unter 3.000 Punkten. Die Nachrichtenlage war sehr düster. Einerseits herrschte noch die Unsicherheit, ob es weitere Terroranschläge gibt, zum anderen drohte der Irak-Krieg. Und in dieser Phase fiel der DAX sogar unter 2.500 Punkte, spätestens hier haben die noch verbliebenen Privatanleger ihre enormen Verluste realisiert.
Fast jeder Marktteilnehmer kennt den Ausspruch: "Kaufen wenn die Kanonen donnern", der ja oft zutreffend ist, dies hat jedoch nach drei Jahren Bärenmarkt zum Beginn des Jahres 2003 kaum jemand gedacht. Es waren etliche Neulinge an der Börse und die Internetblase war lediglich das Ende eines fast zwei Jahrzehnte andauernden Bullenmarktes. Mit solch einem langen und heftigen Abwärtstrend wurden die meisten Menschen völlig kalt erwischt. Sie waren weder darauf vorbereitet, noch wussten sie was zu tun ist.
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Ich weise deshalb darauf hin, weil das Umfeld inmitten eines derartigen Crash überhaupt nicht mit dem jetzigen - beinahe paradiesischen Zuständen - zu vergleichen ist. Im Moment (April 2015) freuen sich die Börsenkommentatoren beinahe schon, wenn der DAX nach vielen Wochen des Anstieges mal 1 bis 2 Prozent an einem Tag verliert. Anleger haben derzeit nicht Angst, dass die Kurse noch weiter fallen, sondern eher den Grund keine Aktien zu kaufen, weil sie zu teuer erscheinen.

Nachrichtenlage versuchen auszublenden
Wenn wir erneut in einer deutlichen Krise stecken, wird es vielen Lesern und Anlegern so gehen wie in diesem dritten Teil geschildert. Am besten man versucht irgendwie die Nachrichtenlage auszublenden und denken Sie daran, dass Zeitpunkte nach Kursrückgängen großer Indizes von 30 bis 50 Prozent langfristige Kaufgelegenheiten sind. Befolgen Sie möglichst beharrlich die Handlungsvorschläge im zweiten Teil der Serie.
Im Herbst 2008 und zum Beginn des Jahres 2009 hatte ich ebenfalls weiter regelmäßig und nach markanten Kursrückgängen investiert, aber mein Engagement war durch einen anderen Umstand ausgebremst worden.

Austrocknen der Liquidität vermeiden
Gerade wenn ein Abwärtstrend längere Zeit andauert, kann es passieren, dass die Liquidität für Nachkäufe versiegt. Wenn große Indizes mehr als 30 Prozent an Wert verloren haben, könnte wohl jeder angesichts der zahlreichen Kaufgelegenheiten ohne größere Probleme 50.000 oder 100.000 Euro in den Markt bringen. Aber genau hier muss man sich ein weiteres Mal disziplinieren.

Nach einer ausgeprägten Hausse (wie im Frühling 2015) ist man als Anleger schon froh über einen Rückgang von 5 Prozent. Dann muss man schon aufpassen nicht übermütig sein komplettes Pulver zu verschießen. Denn immerhin besteht zu jeder Zeit die Möglichkeit einen Kursrückgang von 10 bis 20 Prozent zu erleben (Korrektur) und es besteht eine zumindest kleine Wahrscheinlichkeit dafür noch deutlich tiefere Kurswerte zu sehen.

Bei mir war es so, beim letzten Kursrutsch Anfang 2009 kein zusätzliches Geld mehr in den Markt bringen zu können. Das ist aus psychologischer Sicht auch schwierig. Es sind eh schon große Verluste entstanden und zusätzliche Liquidität war bereits im Markt und dann sanken die Kurse weiter und einem sind die Hände gebunden. In so einer Zeit bekommt man von der Bank auch nicht so ohne Weiteres einen Kredit. Den Spaß hätte ich mir im Februar oder März 2009 einmal machen sollen, einer Bank in dieser Zeit zu sagen ich bräuchte einen Kredit für Aktien. Die Mitarbeiter hätten mich wohl nur mitleidig angelächelt (dafür hätte ich wenige Monate später zurückgelächelt).


Für mich ist deshalb eine Liquiditätsreserve für Investments essentiell. Dennoch muss man mit dieser Liquidität haushalten, falls ein längerer Abwärtstrend am Aktienmarkt eingesetzt hat.

Das war der dritte Teil der Artikelserie "Wie verhalte ich mich als Anleger in Krisenzeiten?". Im vierten und letzten Teil folgt eine Erinnerung, wie sich ein möglichst "richtiges Verhalten" halbwegs automatisieren lässt. Und wir blicken auf die Möglichkeiten, um sich vorher frühzeitig auf einen Bärenmarkt vorzubereiten.

Hier noch einmal sämtliche Teile in der Übersicht:
Teil 1 - Wie verhalte ich mich als Anleger in Krisenzeiten?
Teil 2 - Wie verhalte ich mich als Anleger in Krisenzeiten?
Teil 3 - Wie verhalte ich mich als Anleger in Krisenzeiten?

Zum Weiterlesen:

3 Kommentare:

  1. Da Lars den Artikel nicht wie sonst üblich mit einer Publikumsfrage beendet hat, starte ich mal die Runde :-)

    Welche Crashs habt ihr schon mitgemacht und wie seid ihr so durchgekommen ?

    Ich bin auch seit Ende der Neunziger mit dabei, jaja Neuer Markt damals, mein Gott was war das im Rückblick betrachtet für ein Schmarrn der da alles abgelaufen ist ^^
    Hatte allerdings das Glück (will ja nicht so tun als läge das viel an meinen eigenen Fähigkeiten) dass ich da ziemlich verlustfrei noch mit guten Gewinnen ausgestiegen bin. Vom Zeitpunkt her hatte ich meine Aktien früh genug gekauft so dass die schon fett im Plus waren bevor dann meine Stopps ausgelöst wurden. Wie gesagt, nur Glück - wäre ich nur ein bischen später gekommen hätte mir die selbe Strategie auch nichts genützt und Verluste beschert. Aber wenigstens gut dass ich überhaupt Stopps benutzt habe (um Dividenden gings mir damals noch garnicht, war alles nur vom allgemeinen Kursfieber angesteckt), viele andre hatten das ja nicht, und hatten dann tiefrote Gurken im Depot gehalten, wie du sagst, bis zur Talsohle. Die Stopps wurden auch immer nachgezogen anhand technischer Marken (damals noch selbst von Hand im Excel ausgerechnet, so tolle Charting- Web apps wie heute gabs nich ^^), das machte ich also schon bevor ich überhaupt von "trailing" gehört hab später. Ein weiteres Glück war dass ich durch die gesamten Baisse-Jahre später nicht zwanghaft versucht hab weiter zu investieren - habe einfach nichts passendes in meinem Beuteschema gefunden und das Geld erstmal eher auf Zinsen angelegt (ja Kinder, sowas gabs damals noch) anstatt zu versuchen in fallende Messer zu greifen. Den Wiedereinstieg habe ich erst relativ (rückblickend betrachtet) "spät" gefunden, so 05 rum. Damals gingen grad Schwellenländer und Rohstoffe heftig ab, und ich natürlich mit hinterher. Auch hier hat mich noch der (zufällig) ausreichend gewählte Einsteigszeitpunkt und die (zufällig) gut gewählten Stopps vor größerem Schaden in der Finanzkrise bewahrt, so dass ich auch noch dieses Kapitel des Zyklus' relativ gut abgeschlossen hatte. Zumal ich in der Krise dazu auch noch etwas in Shorts rumgemacht habe (was allerdings mehr in die Richtung Zock anstatt Absicherung ging) was auch aufgegangen ist. Wobei ich allerdings nicht verschweigen möchte, dass ich seitdem (also dem aktuellen langjährigen Bullenmarkt) mit Shorts eher weniger Erfolg hatte (aber das lehrt ja auch Demut und zeigt eben das es weniger meine eigenen Fähigkeiten sondern eher Glück damals waren).
    Nach der Finanzkrise hab ich dann überhaupt erstmal angefangen mir wirklich grundlegend Gedanken über ein vernünftiges Portfolio und eine allgemeine Strategie zu machen anstatt weiter nur relativ planlos auf mein Glück zu vertrauen (was eben ja auch irgendwann mal ausläuft), so bin ich nach vielen rumlesen dabei geblieben dass langfristig eine bewußte Asset Allocation mit Schwerpunkt auf b&h Dividenden (ETFs gibts ja erst seit einigen Jahren in Deutschland) das beste für mich ist.
    Etwas aktives Trading betreibe ich auch weiterhin in einem separaten kleinen Teil meines Portfolios, auch mittlerweile nach strukturiertem System. Da relativieren sich lustigerweise auch die Ergebnisse mittlerweile. Manchmal, in starken Phasen, mache ich damit gut Profit, in eher trendlosen Seitwärtsphasen verliert man damit eher - also auf lange Sicht ist das Ergebnis erstmal nicht unbedingt viel besser als als in meinem simplen großen Buy-and-Hold Depot ^^ Klar könnte man fragen, warum man sich den Stress dann überhaupt noch antut, aber mir machts ja eigentlich auch Spaß :-)

    Alles in allem bin ich relativ zufrieden mit der Entwicklung. Klar war da auch einiges an zufälligem Glück dabei, aber wer wenigstens die gröbsten selbstverschuldeten Anleger-Dummheiten vermeiden kann hat auf jeden Fall schonmal mehr gewonnen als der Durchschnittsdeutsche so.

    Was waren eure Erfahrungen ?

    LG Christo

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  2. Vielen Dank für die bisher sehr gute Artikelserie.
    Sie hilft mir mich strategisch auf so eine Zeit vorzubereiten.

    Ich bin seit etwas mehr als 1 Jahr dabei in Dividenden ETFs zu investieren und habe demnach noch keine Krise durchlebt (bis auf bei geschlossenen Finds, die fast allesamt insolvent gegangen sind).

    Gruß

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  3. Mit Aktien habe ich Mitte der 80er Jahre angefangen. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als die Telebörse 1987 auf SAT1 startete und ein paar Wochen später im Okt. 87 der Crash kam.
    Anfang der 90er kam der 1. Irak Krieg wieder mit einem kleinem Crash usw.. Da wird man als Börsenanfänger schon nervös und verkauft. In den Anfangsjahren hatte ich auch noch keine Strategie und hatte mehr auf Tipps und Gerüchte gehört und danach ge- und verkauft, was ein Fehler war. Hinterher ist man immer schlauer. Zu jener Zeit kaufte ich auch noch Unternehmensanleihen, denn da gab´s noch richtige Zinsen. Der 2000er Crash ging ziemlich spurlos an mir vorüber, denn ich war nicht groß investiert. So richtig in Aktien bin ich erst wieder in den letzten 3-4 Jahren eingestiegen und orientiere mich nach den Erkenntnissen und Empfehlungen hier im Blog. Ich habe nicht mehr lange bis zur Pension und will diese mit Dividenden und Zinsen aufbessern.

    Gruß

    Mick

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