Sonntag, 10. März 2013

Was ist ein ETF? - Teil 2

Im ersten Teil der Artikelserie "Was ist ein ETF? - Teil 1" haben wir gesehen, was hinter dem Begriff ETF steckt und einen kleinen Kosten-Vergleich mit aktiv gemanagte Fonds durchgeführt. In diesem zweiten Teil der Serie geht es um die verschiedenen Möglichkeiten einen Index nachzubilden und um die Vor- und Nachteile eines ETFs im Vergleich zu Direktinvestments.

Varianten der Indexnachbildung
Es gibt mehre Möglichkeiten einen Index nachzubilden. Die einfachste und für den Anleger verständlichste Version ist die direkte physische (auch vollständige) Replikation. Die andere gebräuchliche Methode ist die Swap-basierte Replikation.

vollständige Replikation
Mit der vollständigen Nachbildung kann eine gute Nachbildung der Wertentwicklung des Index erreicht werden (geringer Tracking Error, d.h. Abweichung von ETF-Kurs zum abzubildenden Index). Die Methode findet ihre Grenzen bei Indizes, die sehr viele Einzelwerte enthalten. So umfasst der bekannte S&P 500-Aktienindex 500 Werte, der Aktienindex MSCI World sogar 1800 Einzel-Aktien. Eine große Anzahl von Einzeltiteln führt bei der Index-Nachbildung zu höheren Transaktionskosten. Außerdem finden sich bei vielen Einzelwerten tendenziell mehr illiquide Titel, was die Abbildung der Indizes erschwert und ebenfalls teurer machen kann.

Letztendlich entsprechen die Indexgewichte der Einzelwerte nur recht selten ganzen Stückzahlen an Wertpapieren. Ein Problem, das sich verstärkt bei Performance-Indizes in Bezug auf die erneute Anlage von Erträgen zeigt. Zudem kann die vollständige Nachbildung nicht angewendet werden, wenn der dem ETF zugrunde liegende Index Einzel-Titel enthält, die nicht frei handelbar sind.
Da bei großen Indizes, die nicht gleichgewichtet sind, einige Werte lediglich ein geringes Gewicht und damit einen geringen Einfluss auf die Indexentwicklung haben, kann man diese Probleme mit der sogenannten Sampling-Methode umgehen. Es werden also nicht sämtliche Einzel-Titel aufgenommen, sondern lediglich ein repräsentativer Anteil. Dabei wird jedoch tendenziell der Tracking Error größer.

Swap-basierte Replikation
Bei der synthetischen Indexnachbildung werden Swapgeschäfte im Sondervermögen verwendet, um die Wertentwicklung des Index abzubilden. Bei dieser Methodik befinden sich im Portfolio Wertpapiere, die zum Teil gar nicht im nachzubildenden Index sind.
Die synthetische Indexnachbildung ermöglicht - oder vereinfacht - es, mit ETFs in ziemlich illiquide oder nicht frei handelbare Werte zu investieren. Anleger haben somit dank Swap-basierten ETFs die Möglichkeit beispielsweise sogar in Strategie- oder Rohstoffindizes zu investieren.

Unter einem Swap versteht man eine Vertrags-Vereinbarung zwischen zwei Parteien, zukünftig Zahlungen untereinander auszutauschen. Bei einem Swap-ETF wird die Performance der im ETF enthaltenen Wertpapiere, also des Wertpapier-Portfolios, gegen die Wertentwicklung des jeweiligen Referenzindex getauscht. Dabei verpflichtet sich der Swap-Partner die Performance des Index auf täglicher Basis bereitzustellen.

Der Swap kann grundsätzlich zwei Folgen haben: Sofern der Wertzuwachs des ETF-Portfolio positiv ist, schuldet der ETF dem Swap-Partner eine Zahlung in Höhe des Wertzuwachses. Oder der ETF hat einen Zahlungsanspruch, falls eine Wertminderung des Portfolios vorliegt. In beiden Fällen erhält der Anleger die Performance des Referenzindex unabhängig von der Entwicklung des tatsächlich im ETF gehaltenen Wertpapierkorbes. Mit der Swap-basierten Replikationsmethode ist eine nahezu identische Abbildung aller denkbaren Indizes möglich.

Bei Swap-basierten ETFs besteht gegenüber den Geschäftspartnern ein Kontrahentenrisikos. EU-Gesetze erlauben, dass bis zu 10% der Geschäfte nicht zum Sondervermögen gehören müssen. Aufgrund einer Besicherung der Swapverträge wird das Kontrahentenrisiko jedoch weiter verringert und somit beträgt bei den meisten Anbietern von Swap-basierten ETFs das durchschnittliche Swap-Risiko tatsächlich maximal 2 %.

Ob vollständig oder Swap-basiert
Wie wir eben gesehen haben, kann sich die Wertentwicklung des ETF aus verschiedenen Gründen von der Wertentwicklung des zugrunde liegenden Index unterscheiden. Durch diesen Tracking Error besteht für den Anleger auf der einen Seite das Risiko, nicht an der beabsichtigten Wertentwicklung teilzuhaben. Dies beinhaltet auf der anderen Seite auch die Chance, eine bessere Wertentwicklung als die des Index zu erhalten.

Das Risiko ist bei synthetischen (Swap-basierten) ETFs geringfügig höher als bei der vollständigen Nachbildung. Zwar habe ich häufiger von dem theoretischen Risiko gehört und gelesen, aber reale Beispiele sind mir nicht bekannt. Falls Sie Beispiele kennen sollten, dann schreiben Sie diese mir gerne.

Es ist sicherlich auch ein wenig Geschmackssache bei der jeweiligen Nachbildung. Persönlich finde ich zwar auch schöner, wenn die Titel des jeweiligen Index auch wirklich gekauft werden. Aber letztendlich möchte ich bei einem passiven Investment-Instrument die Wertentwicklung des jeweiligen Index im Depot haben. Wenn dies gut funktioniert und letztendlich eine weniger große Abweichung vom ETF-Kurs zum abzubildenden Index auftritt (Tracking Error), dann soll mir das ebenfalls recht sein.

Weitere Information zu Replikationsarten können Sie zum Beispiel auf der iShares-Seite nachlesen. Zahlreiche ETFs zum Erwerb gibt es u.a. bei der Direktbank: www.comdirect.de.


Vorteile von ETFs gegenüber Direktinvestments
breite Diversifikation für wenig Geld
Mit einem ETF besteht die Möglichkeit zahlreiche Direkt-Investments (oft mehrere Dutzend, manchmal mehrere hundert) in sein Depot zu holen. Ganze Indizes, Länder, Kontinente oder die gesamte Welt können mit ETFs abgebildet werden. Damit erhält man selbst als Einsteiger - oder mit wenig Kapital - eine einfache und zugleich relativ kostengünstige Möglichkeit breit diversifiziert investieren zu können.
Im Beitrag "Mögliche Basis-Investments für Aktieneinsteiger" habe ich Möglichkeiten für Aktienneulinge vorgestellt, global diversifiziert an vielen Qualitäts-Aktien zu partizipieren.

einfache Indexabbildung
Mit ETFs lässt sich bequem in ganze Indizes und damit in gesamte Märkte investieren. So gibt es beispielsweise für die deutschen Aktien-Indizes ETFs als Investment. Auch auf europäische Aktien-Indizes und den nordamerikanischen Aktienmarkt gibt es entsprechende ETFs.

Verlust-Titel werden ausgetauscht
Entspricht ein Einzel-Titel nicht mehr den Vorgaben des ETFs oder das dahinterstehende Unternehmen bzw. der zugrunde liegende Emittent muss in die Insolvenz, dann wird das Direkt-Investment gegen ein anderes Wertpapier ausgetauscht. Als Geldanleger muss man sich nicht weiter darum kümmern und es fallen keine weiteren Transaktionsgebühren an.

Totalverlust quasi ausgeschlossen
Gegenüber Direktinvestments ist ein Totalverlust des investierten Kapitels bei ETFs quasi ausgeschlossen. Nicht nur die breite Diversifikation sorgt dafür, sondern auch das Austauschen des von der bedrohten Insolvenz betroffene Einzel-Investments.
Persönlich finde ich das einen enorm wichtigen Vorteil. Denn das schafft Vertrauen weiterhin regelmäßig Geldbeträge in ein Wertpapier zu investieren. Selbst wenn jahrelange Schwierigkeiten auftreten sollten, der ETF erleidet keinen Totalverlust und wird sich langfristig wieder erholen. Diese quasi-Garantie besteht bei einer Einzel-Aktie oder -Anleihe nicht.

Auf den Ausschüttungseiten von ETFs und im High Yield/Dividend Depot sind einige ETFs im Depot, die vergleichsweise riskante Direktinvestments beinhalten. Aber aufgrund der großen Anzahl dieser Wertpapiere im Portfolio sind sie relativ sichere Investments, obwohl sie hohe Ausschüttungs-Renditen von 6 bis 9% vorweisen können.
Der Global X SuperDividend oder PowerShares KBW High Yield Dividend Financial Portfolio (Aktien) sowie iShares Markit iBoxx Euro Corporate Bond oder SPDR Barclays Capital High Yield Bond ETF (Junk Bonds) sind nur einige Beispiele, bei denen dies bereits seit einigen Jahren erfolgreich funktioniert.

um ausländische Quellensteuer muss man sich nicht kümmern
Bei ausländischen Aktien fallen bei der Dividendenausschüttung des jeweiligen Unternehmens zunächst Steuern im Land des Hauptsitzes an. Diese Auslandssteuer wird von einigen Ländern anteilmäßig mit den in Deutschland zu zahlenden Steuern verrechnet. So fallen beispielsweise in den USA 15% Quellensteuer an. In Deutschland wird dann lediglich die Steuer bis zur üblichen Höhe der Abgeltungssteuer fällig. Der deutsche Fiskus erhält in diesem Fall zwar weniger Steuern als bei deutschen Aktien, für den Anleger ändert sich aber nichts. Dieses Doppelbesteuerungsabkommen, welches Deutschland mit einigen anderen Ländern getroffen hat, begrenzt die Belastung für Anleger.
Es gibt jedoch selbst in Europa Ländern, bei denen die doppelte Versteuerung komplizierter ist und zuungunsten des Anlegers verläuft. Prominentes Beispiel ist die spanische Telefonica. Dort sind die zuviel bezahlten Steuern nur mit großem Aufwand und teilweise erst nach Jahren zurückzuerhalten. In Italien warteten Anleger durchaus schon mal acht Jahre auf die Steuerrückerstattung. Mehr zu diesem Thema im dritten Teil der Serie "Was ist ein ETF?".

Bei einem ETF muss sich der Anleger dagegen um die Besteuerung im Ausland nicht weiter kümmern.

Nachteile von ETFs gegenüber Direktinvestments

Jährlich laufende Gebühren
ETFs sind ziemlich günstige Investmentwerkzeuge. Dennoch ganz kostenlos sind sie nicht. Zwar zahlt man für ein Depot aus Direktinvestments deutlich mehr Gebühren an den Broker und für den Börsenplatz, um sich diese ins Depot zu legen. Aber diese kosten - im Gegensatz zu ETFs - keine jährlich wiederkehrende Gebühren. Gerade bei sehr langen Laufzeiten und hoher Kapitaldecke sind die Einmalkosten gegenüber den jährlichen Gebühren vernachlässigbar.

Kauf von Direktinvestments, die nicht gewünscht sind
Mit einem ETF kauft man sich ein Bündel an Wertpapieren, auch solche, die man eigentlich gar nicht im Depot haben möchte. Diese Problematik könnte man mit dem gezielten Kauf von den gewünschten Direktinvestments umgehen.

Direktinvestment möglicherweise mehrfach im Depot
Bei dem Kauf von mehreren ETFs besteht die Möglichkeit, dass man Direktinvestments gleich mehrfach besitzt, obwohl dies gar nicht gewünscht ist. Auch Sektoren können ungewollt plötzlich im eigenem Portfolio übergewichtet sein. Gute Dividendenzahler - weltweit betrachtet - sind Versorger- und Telekommunikationsunternehmen. Bei mehreren Dividenden-ETFs hat man - ob gewollt oder ungewollt - einen hohen Anteil dieser Sektoren im Depot.


Das war der zweite Teil der Beitragsserie "Was ist ein ETF?"
Im dritten Beitrag wird die teilweise komplizierte Besteuerung von ETFs behandelt.

Zum Weiterlesen:

6 Kommentare:

  1. Dazu passt auch der Artikel
    Deutsche Bank hat mit ETF-Sparte Großkunden im Visier
    http://www.handelsblatt.com/finanzen/fonds/nachrichten/passive-anlageprodukte-deutsche-bank-hat-mit-etf-sparte-grosskunden-im-visier/7908076.html

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  2. "Bei einem ETF muss sich der Anleger dagegen um die Besteuerung im Ausland nicht weiter kümmern."

    Einsteiger führt dieser Satz eventuell auf den falschen Weg: Enthält der ETF Aktien aus dem Ausland ist das in der Tat kein Problem, wird jedoch eine Verwahrung im Ausland vorgenommen (Stichwort "ausländisch thesaurierende Fonds") *muss* der Anleger in der Einkommensteuererklärung aktiv werden sonst ist es Steuerhinterziehung (wenn auch wohl in sehr kleinem Maß). Selbst ausschüttende ausländische Fonds (Paradebeispiel iShares Fonds mit Domizil in Irland) sind Vollthesaurierer und weisen ausschüttungsgleiche Beträge aus, da es keinen Ausschüttungstermin am Geschäftsjahresende (des Fonds) gibt!

    Irgendwie traurig, dass das so kompliziert ist wenn die Depotverwahrung innerhalb der EU statt findet, da hätte ich mir mehr Einfachheit durch die "Union" erwünscht.

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  3. Danke für den interessanten Handelsblatt-Link und für den guten Hinweis der nicht trivialen Besteuerung der Auslands-ETFs.

    Im dritten Teil dieser Beitragsserie wird die Besteuerung von ETFs genauer betrachtet. Offen ist ja ebenso noch die Problematik der möglichen Strafsteuer bei intransparenten Fonds/ETFs.

    VG
    Lars

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  4. Hallo Lars,

    gibt es Neuigkeiten bezüglich des Themas Strafsteuer für ausländische "intransparente" Fonds und damit auch ETF`s?

    Ein Artikel hierzu würde mich brennend interessieren und wäre denke ich für viele andere ein wertvoller Beitrag.

    Viele Grüße & frohe Ostern!

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    1. Ja, ist auf der ToDo bzw. bereits in Arbeit. Ein bisschen wird der dritte Teil aber dauern, doch er sollte noch im April fertig werden.

      VG
      Lars

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    2. Ist jetzt doch schneller gegangen. Hier der Beitrag über intransparente Fonds/ETFs.

      VG

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